Installationen

#Commonings: Installationen und Aktivierungen

Mi 14.9.–So 18.9.2022
Mi 14.9.2022
12–20h
Eintritt frei
Do 15.9.2022
12–20h
Eintritt frei
Fr 16.9.2022
12–20h
Eintritt frei
Sa 17.9.2022
12–20h
Eintritt frei
So 18.9.2022
12–20h
Eintritt frei
© Kostas Tzimoulis

Hauptfoyer

Trans-lation 1 Berlin
/transˈleɪʃ(ə)n,trɑːnsˈleɪʃ(ə)n,tranzˈleɪʃ(ə)n,trɑːnzˈleɪʃ(ə)n/
Von Mukhtara Ayọ̀tẹ́jú Adékúnbi Yusuf

1. der Prozess des Übertragens von Worten oder Text aus einer Sprache in eine andere,
„Die Übersetzung der Bibel ins Englische“

Hauptfoyer

Trans-lation 1 Berlin
/transˈleɪʃ(ə)n,trɑːnsˈleɪʃ(ə)n,tranzˈleɪʃ(ə)n,trɑːnzˈleɪʃ(ə)n/
Von Mukhtara Ayọ̀tẹ́jú Adékúnbi Yusuf

1. der Prozess des Übertragens von Worten oder Text aus einer Sprache in eine andere,
„Die Übersetzung der Bibel ins Englische“

2. der Prozess des Bewegens einer Sache von einem Ort an einen anderen

Seit dem Schwarzen Sommer 2020 ist verstärkt die Forderung nach einem Gespräch über Anti-Blackness zwischen POC und nicht-Schwarzen Menschen zu hören. Gleichwohl ignoriert dieser Aufruf zum Reden und zur gemeinsamen Auseinandersetzung (Commoning) die wichtige und kritische Rolle der Verweigerung für den Prozess der Schwarzen Heilung (Black Healing) und/oder würdigt sie nicht ausreichend. In diesem Projekt erkundet Yusuf, Indigene*r Yoruba und Nigerianer*in, diese Verweigerung als Medium des notwendigen Schutzes und großer Verletzlichkeit. Die Praxis der Verweigerung will das gewohnte Narrativ der neoliberalen Stellvertreterpolitik subversiv wenden, zwingt diese doch marginalisierte und insbesondere Indigene Menschen aus Afrika den Wert ihrer Kulturen und Ontologien durch die weiße Brille zu bestimmen. Yusufs Werk entzieht sich dem marginalisierten Menschen in der modernen Kunstszene häufig präsentierten binären Angebot: die eigene Kultur repräsentativer Politik verkaufen oder riskieren, nicht länger Teilnehmer*in des Gesprächs zu sein. Dagegen lotet es die Möglichkeit der Heilung durch ehrliche Verweigerung aus. Es erforscht die Idee der Übersetzung als räumliche, geografische und architektonische Intervention, kombiniert mit der Fähigkeit und Taktik Schwarzer Feministinnen, sich zu verweigern und auf die Yoruba-Technik des ọfọ̀ zurückzugreifen. Sound, Text und ein museumskritischer Ansatz treffen sich in dieser Performance, die eher Unwohlsein und Fragen provoziert, als Lösungen und Antworten zu bieten.

Der Gazatal-Pfad
Erinnerung, Wege, Wandel / Transformationen: Nimm uns mit in die Zukunft

Von Rana Batrawi und Shareef Sarhan

Der Gazatal-Pfad ist ein Mikrokosmos der demografischen, geografischen, politischen und ökologischen Veränderungen in Palästina. Um diesen Wandel zu begreifen, entwickelten die Künstler*innen einen Fragebogen und organisierten zahlreiche Begegnungen mit den Menschen aus Gaza. Eine ihrer Fragen lautete: „Wie sehen Sie Palästina in der Zukunft?“ Viele Teilnehmende konnten sich angesichts der aktuellen politischen Lage keine Zukunft für Palästina vorstellen. Dies inspirierte die Künstler*innen zur Fortsetzung ihrer Erkundung des Gazatals in Bildern, Karten und Interventionen. Die Karten, Fotografien, Videos, literarische Texte und andere Multimediaproduktionen befördern ein Kennenlernen des Tales in all seinen ökologischen, sozialen und geografischen Aspekten. Ein Workshop mit den Künstler*innen findet am Samstag von 12 bis 14h statt.

Wahre Geschichten vom Widerstand: Flüchtige Erzählungen
Von Cléophée Moser mit Beteiligung von Mour Fall, Ivonne González Núñez, Paulina Marquez, in Zusammenarbeit mit Maya V. El Zanaty

In ihrer Installation lädt Cléophée Moser das Publikum auf einen Spaziergang durch eine Konstellation von Klangerinnerungen und neu geschaffenen visuellen Archiven ein. Sie erzählt (nie)erzählte Geschichten vom Widerstand, die ihr die Lehrjahre in Senegal vermittelten. Zusammen mit anderen subversiven Stimmen aus diasporischen Geografien eröffnet Moser eine partizipative und zirkuläre Dynamik. Im Zentrum ihres Stücks bittet sie Mour Fall, eine Installation mit Referenz auf ihre gemeinsame Forschung und zur Fugitive Library zu präsentieren. Er wird seine Performance auf der Dëpp – eine Trommel mit einem hohen, signifikanten Rhythmus, der auf die Artikulation zwischen nonverbaler Kommunikation und dem Aufbau einer resistenten kulturellen und historischen Transmission verweist – begleiten. Mitwirkende sind weiterhin Ivonne Gonzalez und Paulina Marquez. Auch sie erzählen Geschichten des Widerstands in der Installation, die sie als physischen Kontext für ihre Performances Maroon Walkers Ritual und Maroon Un-Archiving nutzen. Auf einem Altar können die Zuschauenden Gegenstände der Erinnerung, Bilder und Geschichten ablegen und so zum Vielklang der Installation beitragen.

Die ganze Welt
Von Pallavi Paul und Hajra Haider Karrar

In den vergangenen zwei von der globalen COVID-19-Pandemie geprägten Jahren wurde das Atmen von einer rein biologischen Funktion zu einem immanent kollektiven Akt. Atmen heißt, Lebenselan zu manifestieren. Die Zeit des Atmens ist heute ein sinnlicher, spiritueller, politischer, wissenschaftlicher und historischer Moment. Dieses kurze, spürbare Intervall stellt für Filmarbeit eine einzigartige Herausforderung dar. Wie produziere ich ein Bild von etwas, das präsent und doch unsichtbar ist? Die Kluft zwischen Spüren und Darstellen wird unmittelbar erfahrbar. Die Nichtdarstellbarkeit des Atmens nimmt noch eine größere Dimension an, wenn er verschiedene Körper, Landschaften und Geschichten durchzieht. Der Sekundenbruchteil des Atmens ist eine feine Kluft, ein kleiner Riss an den osmotischen Rändern des Kinos. In einer Atmosphäre, in der Bilder und die Menschen, die ihnen begegnen, schwer atmen, navigieren die filmischen Bilder und Schnitte auf dem schmalen Grat zwischen Inspiration (Einatmen) und Expiration (Ausatmen). Um eine atembare cineastische Zeit zu generieren, bedarf es der diversen Schichten, auf denen das Leben, die Fantasie, Verschwinden und Tod ihr Echo finden.

Ritual
Von Kamran Behrouz

Behrouz‘ Arbeiten schreiben die Queer Theory aus der Perspektive eines persischen Muttersprachlers fort. Sie verweisen auf Schwächen und Defizite in der Sprache sowie auf die (fehlende) Partizipation und Verortung queerer Körper in und mit Bezug auf die Gesellschaft. Behrouz thematisiert das Persönliche und verortet sich selbst an der Schnittstelle der Neurodivergenz in Anerkennung der unzureichenden Bilder und Worte in den anthropozentrischen und eurozentrischen Theorien, die Teheran und andere Orte im Süden als Vermächtnis übernommen haben. Jedes Defizit, jeder Moment der Nichtübersetzbarkeit birgt das Potenzial, Ort der Gemeinsamkeit (Commons) zu werden.

Ritual ist Teil der Erkundungen der Kosmopolitik des Körpers. In Erweiterung von Isabelle Stengers Verwendung des Begriffs, will Behrouz die Frage des Denkens mit dem Unbekannten aus einer Indigenen Situiertheit neu thematisieren.

Dearchivierung der Maroons
Performance mit Ivonne González Núñez und Paulina Marquez
Donnerstag–Samstag, 16h

Das Engagement für das Gedächtnis und Überleben der Maroons richtet sich gegen die gängige Praxis der Archive, die Erinnerung rauben, anhäufen und beerdigen. Dagegen geht es hier um die Existenz, das Wiedererschaffen, die Neuerfindung und neue Bedeutungszuweisung der Sprache des Widerstands, die von den Ahnen übernommen wurden. Es gibt keine festgeschriebene Theorie, wenn Menschen „wir“ sagen und auf die Erinnerung der Maroons verweisen.

Die künstlerische Aktion findet täglich von Donnerstag bis Samstag statt und begleitet den Prozess des Reparierens und Heilens der Communities der Maroons. Gesunde Bäume sollen wachsen, die gute Früchte tragen, selbst nach dem schlimmsten Sturm.

Ivonne Gonzalez und Paulina Marquez schlagen für die Produktion von (vergänglichen und sich wandelnden) Texten und Zeichnungen der verschiedenen, ihnen vermittelten Maroon-Kulturen die Zusammenarbeit mit der Fugitive Library vor. Ihr Beitrag beginnt einen Dialog zwischen der Erinnerung der Maroon-Communities jenseits des Atlantiks mit den flüchtigen (fliehenden) Existenzen in Afrika und wird mit rein pflanzlichen Elementen und Texturen in Cléophée Mosers Installation realisiert.

Hirschfeld Bar

Altare für das Unsichtbare
Von Laura Fiorio, Ruth Gonzalez Renovato, Mariel Miranda and Francisca Cortéz Ferrario

Ein Altar ist ein Tor zu Dimensionen, in denen konventionelle Regeln von Raum und Zeit frei interpretierbar und imaginierbar sind. Dieser Altar folgt keinem Kult, fügt Rituale und Abläufe des Vergemeinschaftens neu zusammen und bildet so eine Art Remix überlieferter, kollektiver Praktiken, die kolonialisiert und institutionalisiert worden sind, um herrschende Glaubensdogmen, hierarchische Strukturen und Identitäten zu schaffen.

Welche Geschichten, Erfahrungen und subjektive Perspektiven werden unsichtbar gemacht? Ausgangspunkt der Arbeit sind die gemeinsamen und sich überschneidenden Narrative der Unsichtbarkeit. Sie ist Einladung, zu verweilen, um zuzuhören, Materialität zu vermitteln und die bewusst gelöschte kollektive Erinnerung zu preisen. Alle sind willkommen, Geschichten oder Geschenke beizutragen. Das Ziel ist die kleinen Dinge zu feiern, die Menschen im Alltag brauchen und doch allzu oft übersehen.

Von Mittwoch bis Samstag gibt es jeweils um 16 Uhr ein tägliches Ritual des Teilens von Geschichten und Geschenken vor dem Altar. Auch zu anderen Zeiten können Beiträge geleistet werden. Dies ist ein Angebot an diejenigen, die mitmachen, doch ihrem eigenen Rhythmus folgen wollen.

Gaping
Von Gilly Karjevsky

Verständnislücken finden sich überall – in der Sprache, in Schriften, in deutungsoffenen Bildern, in persönlichen Erfahrungswelten oder im begrenzten Narrativ des offiziellen Kanons. Die Metapher der Kluft begegnet uns auch, wenn es um ungleiche Bezahlung, die Distanz zwischen Generationen oder die Abgrenzung von Theorie und Praxis geht. Der „gap“ in diesen populären Beispielen steht symbolisch für einen Kontext und für eine ganze Epoche. Diese Beispiele sind die verlorenen Begriffe des neuen Alphabets, nach dem die New Alphabet School sucht. Um mit anderen Begriffen zu sprechen, ist es notwendig Inspiration aus der Frustration über die Lücken zu ziehen, um andere Räume, Spektren und Kontinua zu schaffen. Die generative Metapher der Lücke will eine Brücke sein, ein alternativer Weg, eher Verbindung denn Gegensatz, ein Verweis auf eine andere mögliche Zukunft, ein Aufruf zum Handeln und ein Raum für Interventionen, die Veränderung auf allen Ebenen anstoßen sollen. Lassen sich diese Lücken in der aktuellen Sprache und Praxis abbilden, damit ihr polemisches Potenzial nutzbar wird? Die Kartierung der Verständnislücken, der fehlenden Terminologien und der praktischen Protokolle in aktuellen Gesprächen wird zu einer Übung in der räumlichen Produktion des Wissensobjekts, wenn die an ihr Teilnehmenden sie notieren, skizzieren, als Frage festhalten, wenn sie sie in den Fugen des Gebäudes, hinter Möbeln, in Pflanzen verbergen, als wären es kleine Gebete, Wünsche oder spektrale Gedanken.

Altes Postamt

Nach der Arche: (Er)möglich(t)e Utopien
Von Vinit Agarwal, Shohreh Shakoory und Özlem Sarıyıldız

Mittels einer Neubetrachtung von Archivbeständen und der Einrichtung neuer Archive reaktivieren und reanimieren drei Konstellationen Geschichten der Migration nach Deutschland, die allzu oft übersehen werden. Intendiert wird eine dezentrale Lektüre der Geschichte, in der die Marginalisierten zu Protagonist*innen werden und subalterne Agenturen die Führung übernehmen. Die Installation erkundet das Potential des Geschichtenerzählens jenseits der Sphäre der offiziellen wissensproduzierenden Institutionen, beispielsweise Universitäten, als alternativem Modus der Wissensgenerierung. Die drei Collagen aus Filmen und Archivmaterial navigieren verschiedene Archive und untersuchen die Beziehung von Kino, Politik und Freundschaft unter der Bedingung der „internationalen Solidarität“, der Migrationssysteme und feministischer Strategien des Widerstands, der Resilienz und des Überlebens.

Film Credits

Look, Listen Carefully
R: Özlem Sarıyıldız, Deutschland 2021, 48 min, Türkisch mit englischen UT

Oyoyo
R: Chetna Vora, DDR 1978, 48 min, Deutsch mit englischen UT

Pierburg: Ihr Kampf ist unser Kampf
R: Edith Marcello & David Wittenberg, BRD 1974/75, 49 min, Deutsch mit englischen UT

Indira Gandhi in GDR and Afghanistan
R: S. T. Bapat, Indien 1976, 19 min, Englisch

Konferenzraum 1

Archiv-Bestand 2021-2022
Von Paz Guevara, Chiara Figone und Ezgi Hamzaçebi

Wie lässt sich eine Bibliothek kollektiv bewohnen? Wie wird eine Bibliothek zum Medium für die Verbindung der Trajektorien, Kämpfe und möglichen Allianzen der Lesenden? Welche Strategien entwickeln kollektive Lektüren, um Momente des Austauschs, der Solidarität und der aktiven Staatsbürgerschaft zu initiieren? Archive Inventory ist eine nomadische Bibliothek, die sich einer erweiterten Idee vom Lesen und Publizieren über die Grenzen von Druckwerken hinaus verschrieben hat. Durch soziale Displays und die Aktivierung von Bibliotheken will Archive Inventory kommunale Formate des Lesens, kollektive Archivpraxis und multisensorische Begegnungen mit und gegen Archive schaffen. Für Commonings präsentiert und aktiviert Archive Inventory eine Reihe von feministischen und kollektiven Publikationen sowie zwei Fokustexte des türkischen Autors Bilge Karasu. Aktiviert wird auch eine Sonderausgabe türkischer feministischer Magazine seit Mitte der 1970er Jahre bis heute. Eine gemeinsame Leserunde findet am Samstag, 17. September von 12 bis 14.30h statt.

Ruheraum
Von Júlia Ayerbe in Zusammenarbeit mit Daniela Brasil

Der Ruheraum ist ein Angebot für die kranken, müden, beeinträchtigten, faulen, erschöpften, unsicheren, nicht-normativen Körper (Menschen), die ins HKW kommen, um an Commonings teilzunehmen (oder auch nicht). Es ist ein Raum der Ruhe, der Erholung, der Teilnahme am Programm in der Position, in der sich die Teilnehmenden am wohlsten fühlen – sitzend, liegend oder stehend.

Kunsthallen betrachten nicht-normative Menschen häufig als Gruppe, die es auf eine spezielle Art einzubeziehen gilt. Wenn Zugangsbeschränkungen aufgehoben werden, dann oft im Stil des Para-Museums, ähnlich wie bei den Paralympics. Wo ist der Lift? Treppen sind immer der „normale“ Zugang zum Raum. Wer sie nicht nehmen kann oder will, muss nach einem eigenen Eingang suchen, Abkürzungen auf dem Weg durch die Institution wählen oder sich um Gebäude herumbewegen. Für sie gibt es alternative Pfade, Lastenfahrstühle, Rampen, Hilfe durch das Personal. Oft mangelt es an klarer Ausschilderung: Es fehlen Untertitel, Gebärdensprache, taktile Informationstafeln. Es fehlen Sitzgelegenheiten und für alle zugängliche Toiletten.

Der Ruheraum ist ein Versuch, einen bequemen und sicheren Raum zu bieten und zugleich Reflektion über Ableismus in Kulturinstitutionen.

Kartierung von Museumsobjekten: Wilde Informationen
Von Simon Fleury

Die Version 3.0 des Zustandsberichts ist ein digitaler Remix der konservatorischen Materialanalyse aus den 1990er Jahren von den Raphael Tapestry Cartoons.

Der Zustandsbericht ist eine kuriose Mischung aus Bildern und überschriebenem Text mit einer langen, faszinierenden Geschichte. Erfunden wurde er vom ersten Kurator des Victoria and Albert Museums als die Cartoons in den 1860er Jahren in das Museum kamen. Bis er seine heutige digitale Form fand, unterlief er einer Reihe von Veränderungen.

Bücher aus der 28 gallery, Rafah
Von Mahmoud Al Shaer und Mohamed Al-Zaqzooq

Bücher sind eine Rarität in der Gegend von Rafah, Palästina. Viele lesen Bücher als pdf-Dateien auf Smartphones. Um dem entgegenzuwirken, entsteht in der vom 28 magazine Mitgründer Mahmoud Al Shaer initiierten 28 gallery eine öffentlich zugängliche Bibliothek, die mehrere palästinensische Magazine sowie Klassiker, etwa von Mahmoud Al Darwish und anderen bekannten Autoren und zeitgenössische palästinensische Literatur von Anis Ghanima, Hamed Ashour, Othman Hussein, Nasser Rabah und anderen Schriftsteller*innen umfasst.

Viele der jüngeren Titel werden mit finanzieller Unterstützung des Tamer Zentrums und der A.M. Qattan Stiftung in Ramalleh gefödert. Sie fördern ebenfalls den Druck der nach den 28 Buchstaben des arabischen Alphabets benannte Literaturzeitschrift 28 magazine, die eine Brücke zwischen Gaza und dem Rest der arabischsprachigen Welt schlägt.

Konferenzraum 2

Lass es raus!
Von Jacob Eriksen und Agata Kowalewska

Dies ist die Einladung in einen Schreiraum im HKW. In der Privatheit des Raumes schreien die Teilnehmenden in ein Mikrofon. Die Aufnahmen ihrer Schreie sollen später in Zufallswiedergabe über einen Lautsprecher auf der Dachterrasse des HKW in Richtung Himmel ausgestrahlt werden.

Lasst eure wilden Gefühle raus, das, was sich nicht zähmen lässt! Wut, Ekstase, Frustration, Langeweile, Freude, Trauer: Hier haben alle die Möglichkeit, körperlich und nonverbal zu agieren, aus der Tiefe ihres Körpers, ihrer Lunge, ihres Bauches zu schreien. Vom Dach des HKW aus teilen sie ihre Schreie mit dem Universum.

Undercommoning Remix
Aktivierung mit Chara Stergiou
Mittwoch bis Samstag, 14–16h
Auf Englisch

Die firefly frequencies radio platform streamt täglich Mittwoch bis Samstag ein Programm aus Klangwerken und Interviews mit Commonings Beitragenden und Teilnehmenden. Undercommoning Remix ist Radiosendung und DJ Lecture und funktioniert via Sampling, Mixing und aufmerksames Zuhören. Der Klang wird zum sozialen Agitator, zum subtilen Träger von Affekt und Wissen. Sampling inspiriert zum Sich-Einlassen auf das Ungehörte und drängt das Publikum, zu manifestieren, was manifestiert werden muss. Der Workshop mixt und führt zusammen, was im Licht des generellen Zwangs zur Mäßigung für ungeeignet oder ungültig erklärt wird. Wie lässt sich in einer ungewöhnlichen Neumischung klanglich wiederverwenden, was unwahrscheinlich, nicht kategorisierbar oder strukturell unpassend erscheint? Wie kann Zuhören die eigene Beziehung zu impliziten „Undercommons“ verändern?

Unteres Foyer

Wiederverwendbare Zeitleisten: Zeitgeber gegen die Uhr
Von MELT

Diese Installation schreibt MELTs Recherche zum Begriff Zeitgeber fort. Ein Zeitgeber ist ein externer Hinweis, der das Timing einer internen Uhr beeinflusst. Der Begriff findet Anwendung in der Klimaforschung und beschreibt die sich verändernden Muster im Pflanzenleben. Er vermittelt ein Gefühl dafür, dass die Zeit abläuft. MELT arbeitet mit Zeitgebern in der Trans*- und Crip-Praxis, damit Zeit als Entschleunigung erlebt wird. Es ist ein Kreisen um oder eine Bewegung gegen das, was die Kuratorin und Pädagogin Taraneh Fazeli als „capitalism's temporal bullying“ (Zeitmobbing des Kapitalismus) bezeichnet.

Die Besuchenden werden aufgefordert, Momente aus ihrem Leben zu teilen, um in die Chroniken der Anderen einzutreten und gegen die Uhr zu agieren. Diese Erinnerungen, aktuelle Ereignisse oder Zukunftswünsche werden auf mehrere aufgespannte Seile gehängt. Sie erzählen Geschichten von/mit geliebten Menschen, nichtmenschlichen Begleitungen und Mitverschwörenden. Daraus erwächst im Laufe der Zeit eine kollektive Zeitachse.

Kapitel 1: Die Farm nach der feministischen ökologischen Revolution
Von Field Narratives

Felder als umkämpfte Territorien prägen zahlreiche Biografien von Menschen, die ihre ländliche Bindung aufgeben mussten, weil ihre Umwelt zerstört, ihre Gemeinde enteignet oder ihnen Freiheit versprochen wurde. Wie können diese ländlichen Biografien, die Geschichten dieser Menschen, neue Perspektiven für die Gegenwart inspirieren, ist diese doch weiterhin von kolonialen Kontinuitäten geprägt und von gegenderten sozialen Brüchen durchzogen? Das multidisziplinäre und transgenerationale Projekt Field Narratives sammelt und teilt Geschichten, die aus dem ländlichen Raum stammen oder ihn reflektieren. Bei Commonings präsentiert jedes Field Narratives-Mitglied einen Aspekt der eigenen künstlerischen Recherche: Lene Markusen zeigt das Video The Farm after the Feminist Ecological Revolution, das angelegt als Performance in einer Zwischenwelt zwischen Realität, Traum und Utopie die Beziehung einer Frau zum Land thematisiert. Es geht um körperliche Arbeit und übernommene Rollen. hn. lyongas Gedicht „Memories ... of Trees and Other Universes” adressiert die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, Zugehörigkeit, menschliches und nichtmenschliches Leben und Verlust. Andreas Doepke teilt Archivmaterial und zeichnet koloniale Träume und die Normalisierung des Faschismus bei den Bauern im 19. und 20. Jahrhundert nach. Sascia Bailer präsentiert Auszüge aus ihrer Forschung zu den Ursprüngen der Kleinfamilie im Kontext von Landbesitz und gegenderter Arbeit und wie die künstlerische Praxis diese gesellschaftlichen Normen hinterfragt. Die Mitglieder des Kollektivs stehen am Freitag, 16. September ab 17 Uhr für Gespräche in der Installation zur Verfügung.

Erde-Mars-Serie
Von Catherine Sarah Young

In dieser Kunstinstallation werden Blaupausen der Wüsten Zentralaustraliens Open-Source-Aufnahmen vom Mars der National Aeronautics and Space Administration gegenübergestellt. Die meist dunkelblau gehaltenen Bilder werden mit verschiedenen Pflanzenfarben eingefärbt. Nebeneinander präsentiert wirken die trockenen Landschaften – beides umkämpfte Territorien – als exzellenter Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit der aktuellen Siedler- und Kolonialgewalt und ihren Regimen auf der Erde. Evoziert werden Palästina, die Philippinen und viele andere Orte. Die Herausforderung, Raum in der Geschichte der Menschheit zu gewinnen, reicht vom internationalen Wettlauf im Orbit bis zum individuellen Wettkampf der Milliardäre, dem zunehmend stärker manifestierten Diskurs über Ungleichheit und die irdische Katastrophe. Das Nachdenken über den Planeten B hilft, Intentionen und Ziele für Planet A zu reflektieren. Können die kollektiven Herausforderungen auf dem Mars dazu beitragen, dass die Menschen anfangen, die gemeinsame Basis zu suchen, die die Erde dringend braucht?

Ostgarten

Sozialpädagogische Kunst
mit EIGHT

Dieses kollektive (und unvollendete) Kunstwerk ist Teil des von EIGHT organisierten Sozialpädagogik Workshops. Die Teilnehmenden des Commonings Programms werden es bereichern, verändern, bearbeiten. Unterschiedliche Materialien und Designs verweisen auf variierende Raumperspektiven. Seine endgültige – unvollendete – Form wird es in einem Workshop am letzten Tag des Programms annehmen, an dem die Teilnehmenden über Räume des Zusammenkommens und der Gemeinsamkeit und die Wirkung vergänglicher räumlicher Strukturen auf gemeinsames Handeln und Zusammensein diskutieren.