Konzert
Der musikalische Moment
Gesprächskonzert
Sprachen: Deutsch und Englisch mit Simultanübersetzung
Wie unterscheiden sich Definitionen des Schönen in verschiedenen Musikkulturen? Dieser Frage gehen die Komponisten zeitgenössicher Musik, Helmut Lachenmann und Toshio Hosokawa und der Philosoph Rolf Elberfeld nach. Den musikalischen Part dieses Gesprächskonzertes übernehmen der Shô-Spieler Kô Ishikawa aus Tokio und das Streichquartett Quatuor Diotima aus Paris.
Programm
Das Quatuor Diotima spielt Beethovens Streichquartett Es-Dur op. 74
Gespräch Teil I: Helmut Lachenmann zu Beethovens Streichquartett op. 74
Kô Ishikawa spielt traditionelle Musik für Shô
Gespräch Teil II: Lachenmann, Hosokawa, Elberfeld
Diotima Streichquartett spielt Hosokawa: Silent Flowers
Gespräch Teil III: Lachenmann, Hosokawa, Elberfeld
Diotima Streichquartett spielt Lachenman: Reigen seliger Geister
"Schönheit, das ist die Erfahrung der Selbstbetäubung oder des Erwachens. Schönheit, das ist Ruhekissen oder Nadelkissen jener Gattung Mensch, welche niemals davon hat ablassen können, im Namen der Liebe zu hassen, im Namen der Wahrheit zu lügen, im Namen des Dienens zu verdienen, im Namen der Fürsorge auszubeuten, im Namen des Lebens zu töten, im Namen der Rettung zu verderben, im Namen der Freiheit zu unterdrücken und im Namen der Verantwortung sich dumm zu stellen. Der Weg zum Glückserlebnis des Schönen führt durch das - wie auch immer verdrängte oder akzeptierte - Angsterlebnis des Schönen, nämlich durch die Frage an den Menschen, ob und wieweit er bereit und fähig ist, Aug in Auge mit seinem Widerspruch zu leben und im Bewusstsein dieses Widerspruchs wachsam zu bleiben gegenüber dem, was er ausrichtet und anrichtet." (Helmut Lachenmann, Musik als Abbild vom Menschen)
"Musik ist Zeitkunst. Demnach ist eine Erörterung von Schönheit in der Musik wesentlich an die Frage nach dem Verhältnis von Zeit und Schönheit gebunden: wie wird Zeit in der Musik zur Schönheit? Oder, anders gefragt: wie entsteht musikalische Schönheit in Abhängigkeit von deren Zeitlichkeit, als Entwicklung und Fließen (im chinesischen Denken auch ein Harmoniebegriff), als Zyklus und Zahl, als Vergänglichkeit oder Ewigkeit?
Wogegen im Westen lange ein rational belasteter Schönheitsbegriff dominiert, der pathetisch und exakt auf Kategorien des "Erhabenen" und des "Ewigen" verweist, so erscheint in Japan eine Auffassung von Schönheit, die die Vergänglichkeit und Diskontinuität von Schönheit betont: "Gerade ihre Unbeständigkeit macht die Welt so schön." (Yoshida Kenko, 13./14.Jh).
Ein solcher "situativ" orientierter Begriff von Schönheit trifft auf den Gedanken, Schönheit in der Verweigerung von Gewohnheit - also auch einer Form von Diskontinuität - im Bruch, in der "Brechung von Magie", zu suchen, wo es der Musik gelingt, in ihrer begrenzten Zeitlichkeit auf ihre eigene Struktur aufmerksam zu machen." (Oliver Schneller, Projektkurator)