Workshops
#Translating: Workshops
Die New Alphabet School ist eine Schule für künstlerische, kuratorische, poetische und aktivistische Forschungs- und Recherchepraktiken. Im Januar 2019 eröffnete sie mit einem (Un-)Learning Place mit 80 internationalen Teilnehmer*innen; nun setzt sie ihr Programm mit einer Veranstaltungsreihe für selbstorganisiertes Lernen, gemeinsames Arbeiten und Gespräche fort. Für die Ausgabe #1 zum Thema Übersetzen organisieren Teilnehmer*innen der New Alphabet School Workshops. Neue Mitwirkende sind eingeladen, sich anzumelden und Teil der Schule zu werden!
Tag 1 | Tag 2
10–12.30h, Vortragssaal
Cultural Translation / Translation and Technology
Mit Lydia H. Liu (Literaturwissenschatflerin), moderiert von Sima Reinisch und Tomás Cohen
Der Workshop setzt die Lektüre des fünften Kapitels The Freudian Robot von Lydia H. Lius Buch The Freudian Robot – Digital Media and the Future of the Unconscious (2010) voraus. Nach einer kurzen Einführung durch Lydia H. Liu diskutiert die Gruppe die Unterschiede zwischen Alphabetschriften und chinesischen Schriftzeichen, das Verhältnis der Entwicklung von KI, Automatisierung und Sprache sowie die Frage der Übersetzung zwischen Menschen und Technologien in einer komplex verwobenen techno-linguistischen alphanumerischen Sphäre. Ist künstliche Intelligenz menschlich? Oder ist nicht vielmehr – nach Freud – der Mensch die eigentlichen Maschine geworden?
10–12.30h, Konferenzraum 2
An Architectural reading of Glissant’s Poetics of Relations
Mit Nelly Y. Pinkrah (Medienwissenschatflerin), moderiert von Ahmad Borham und Mathias Zausinger
Der Workshop unternimmt den Versuch, Édouard Glissants Poetics of Relation architektonisch zu lesen. Muss Architektur transparent und universell sein, um global zu sein? Oder gibt es lokale, spezifische oder gar opake globale Architekturen? In dem Kapitel For Opacity in seinem Buch The Poetics of Relation argumentiert Glissant, dass Opazitäten koexistieren, sich einander annähern können und sich auf diese Weise zu Geweben verflechten. Um diese Gewebe zu verstehen, muss man sich mehr auf die Textur als auf das Wesen ihrer einzelnen Bestandteile konzentrieren, was darauf hindeutet, dass diese Gewebe ein kollektives Konstrukt sind. Wie können wir aus dieser Perspektive spontan entstandene Siedlungen auf der ganzen Welt betrachten? Kann das Recht auf Opazität in der Architektur bedeuten, dass man lokal oder gar kulturell spezifisch ist? Und können die Zugänge, Elemente, Pfade und Wiederholungen in Glissants Schriften als architektonische Elemente gelesen werden? Der Workshop untersucht zeitgenössische Architektur in der Wechselbewegung zwischen Transparenz und Opazität.
10–12.30h, Konferenzraum 3
Socio-political Representation and Ethics of Translation
Mit Nadiye Ünsal (Soziologin), moderiert von Nahed Mansour und Júlia Souza Ayerbe
Der Workshop lädt die Teilnehmer*innen zu einer kritischen Lektüre von Übersetzungen ein: auf körperlicher und linguistischer Ebene, im Kontext von Migration, Diaspora und anderen Erfahrungen/Möglichkeiten von Mobilität. Entsprechendes Text- und Bildmaterial wird im Vorhinein zur Verfügung gestellt. Das Ziel ist eine vertiefte Diskussion über administrative Terminologien mit ihren hoch politischen und oftmals diskriminierenden Konsequenzen. Ausgangspunkt sind neben den persönlichen Erfahrungen der Organisator*innen und der Teilnehmer*innen die künstlerischen und theoretischen Impulse der eingeladenen Gäste. Gemeinsam erarbeitet die Gruppeneue mehrsprachige (visuelle, schriftliche und körperliche) Lexika und reflektiert die (Un-)Möglichkeiten der Übersetzung kritisch.
14–16.30h, Konferenzraum 2
Translating appropriation, assimilation, anthropophagy
Mit Mahmoud Al-Shaer (Redakteur von 28 Magazine, Gaza) und seinem Übersetzer Ibrahim Hannoon, moderiert von Marianna Liosi und Walter Solon
Gibt es ein allgegenwärtiges Imperium (wie es das französische Kollektiv Tiqqun in seiner Schrift Ceci n’est pas un programme behauptet), das immer die gleichen Opfer auf immer gleiche Weise unterdrückt? Strategien des antikolonialen Kampfes können möglicherweise Strategien der kolonialen Herrschaft ähneln, sie widerspiegeln und umdeuten. Wörter wie „Besatzung“ und „Siedlung“, die gewöhnlich mit kolonialen Praktiken verbunden werden, tauchen im Kontext des antikolonialen Kampfes der Bewegung der Landlosen in Brasilien erneut auf, wenn diese Land von Großgrundbesitzern „besetzen“ und dort „Siedlungen“ errichten. Auf ähnliche Weise versuchen zeitgenössische Künstler*innen und Aktivist*innen im Internet Räume des Widerstands zu organisieren, greifen dazu aber auf genau jene Werkzeuge und Ästhetiken zurück, die von den Konzernen des digitalen Imperiums für die Nutzer*innen entwickelt worden sind. Dieser Workshop thematisiert die Arbeit des Übersetzens von Sprachen, Strategien und Ästhetiken des Widerstands in unterschiedliche kulturelle und politische Kontexte und stellt mögliche übersetzerische Zugänge in Kunst, Anthropologie und Aktivismus zur Diskussion.
14–16.30h, Konferenzraum 3
Staying with the “translation trouble" of Sex and Gender
Moderiert von Kamran Behrouz
„Sex“ und „Gender“ sind Schlüsselbegriffe der transatlantischen feministischen Theorie und der Studien zur Unübersetzbarkeit. Als Judith Butlers 1990 erschienenes Buch Gender Trouble in andere Sprachen übersetzt wurde, tauchten viele unterschiedliche Übersetzungen und Neologismen auf. In Farsi gibt es beispielsweise keine oder nur unzureichende Wörter, um Sex, Gender, Sexualität oder auch transgeschlechtliche Personen zu thematisieren. Transsexualität im Iran ist nicht von den gleichen begrifflichen Unterscheidungen zwischen Gender, Sex und Sexualität geprägt worden wie im anglo-amerikanischen Kontext. Wie Brad Epps es formuliert hat: „Das Unbehagen der Geschlechter [gender trouble] muss in globale Perspektive zugleich als ‚Unbehagen der Übersetzung’ [‚translation trouble‘], oder besser noch als ‚Unbehagen der Sprache’ [‚language trouble‘] supplementiert (im dekonstruktiven Sinne des Wortes) und neugefasst werden.“ Mit Bezug auf diese Argumente beschäftigt sich der Workshop nicht nur mit der Unübersetzbarkeit der Worte Sex und Gender, sondern reflektiert auch die historische Dimension dieses „Unbehagens der Sprache“. Das Ziel ist, bestehende Methodologien infrage zu stellen, Begriffe neu zu übersetzen und vielleicht sogar neue
17–18.30h, Auf der Dachterrasse (bei Regen im Vortragssaal)
Abschlussdiskussion mit allen Teilnehmer*innen