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Der Zivilisationsstandard - Vom »Recht auf Handel» zur »Good Governance»
Mit Antony T. Anghie, Susan George, Lawrence Liang und In Koli Jean Bofane
Vom „Recht auf Handel“, das im 16. Jahrhundert der Reisende Francis de Vitoria formulierte, bis zu heute gängigen Praktiken der „Good Governance“ haben die rechtlichen und institutionellen Strukturen des internationalen Systems dazu beigetragen, asymmetrische Handelsbeziehungen aufrechtzuerhalten. Die Teilnehmer*innen widmen sich der Rolle, die supranationale Institutionen und Wirtschaftsunternehmen spielen, wenn es um die Rahmenbedingungen des internationalen Handels geht. Sie untersuchen Ereignisse und Begebenheiten, bei denen die Idee von „Zivilisation“ zur Rechtfertigung global verankerter Ungleichheiten diente – und weiterhin dient.
Der Rechtswissenschaftler Antony T. Anghie zeichnet nach, wie der „Zivilisationsstandard“ von früher in das heutige Vokabular von „Strukturanpassung“ und „Good Governance“ übersetzt wurde – ein Modell der Globalisierung, das zunehmend in der Kritik steht.
Die Politikwissenschaftlerin und Aktivistin Susan George untersucht den Aufstieg transnationaler Unternehmen und deren organisierte Teilhabe an Staats- und Regierungsangelegenheiten. Im Fokus ihrer Ausführungen steht die Global Redesign Initiative, ein vom Weltwirtschaftsforum entwickeltes Führungskonzept – verbunden mit der Frage, wie die Bevölkerung selbst solche hegemonialen Machtstrukturen unterlaufen könnte.
Der Rechtswissenschaftler und Autor Lawrence Liang widmet sich der Geschichte eines Darlehens, das die USA Indien 1951/52 während einer Nahrungsknappheit gewährten. Dieses Darlehen verpflichtete Indien jedoch nicht nur, amerikanisches Weizen zu kaufen, sondern beinhaltete auch „zivilisatorische“ Anweisungen: Indien musste U.S.-amerikanische Schulbücher verwenden und zudem alle im eigenen Land publizierten Bücher an die US Library of Congress schicken, deren Mitarbeiter*innen Besorgnis wegen einer möglichen Infektionsgefahr durch die Bücher geäußert hatten.
Der Schriftsteller In Koli Jean Bofane zeichnet nach, wie der Status desKongo als Rohstoffquelle im Kolonialismus auch in der heutigen Ära der Globalisierung fortbesteht, verwaltet von multinationalen Unternehmen. Wie trägt die Rhetorik des „gescheiterten Staats“ dazu bei, die natürlichen Ressourcen der Demokratischen Republik Kongo weiterhin uneingeschränkt auszubeuten?