Symposium
Wahrheit und Gerechtigkeit
Diskussion mit Ben Khumalo-Seegelken, Antjie Krog und Dumisa Buhle Ntsebeza, moderiert von Bernd Pickert
mit englischer und deutscher Simultanübersetzung
Die von Nelson Mandela und Desmond Tutu eingesetzte Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC), fand als wichtiger Beitrag zum Prozess der Transition weltweite Beachtung. Sie galt als Maßstab für Post-Konfliktprozesse und transnationale Gerechtigkeit; um die 18 Wahrheitskommissionen wurden, dem Beispiel folgend, weltweit eingesetzt. Trotzdem wurde starke Kritik laut, die vor allem darauf abzielte, dass die strukturelle Gewalt der Apartheid nicht verurteilt wurde oder auch, dass die Amnestie von Tätern brutaler Verbrechen gegen die Menschenrechte den Weg freimachte zu einer Kultur der Straflosigkeit. Kritisiert wurde auch das Scheitern in der Umsetzung der Empfehlungen der TRC. Wie geht Südafrika heute mit den Ungerechtigkeiten der Vergangenheit um? Wie sieht die Beziehung zwischen Wahrheit und Gerechtigkeit, zwischen Verantwortung und Versöhnung aus?
Ben Khumalo-Seegelken ist Theologe und Hochschullehrer für Bildungs- und Sozialwissenschaften sowie Evangelische Theologie und Religionspädagogik an der Universität Oldenburg. Nach seinem Studium in Südafrika musste er 1975 im Widerstand gegen die Apartheid das Land verlassen. Von 1985 bis 1986 war er Lehrbeauftragter für Systematische und Ökumenische Theologie an der Universität Wien, anschließend war er bis 1994 als Evangelischer Pfarrer im Rheinland tätig. 2004/2005 leitete er das Integrationszentrum für lesbische Migrantinnen und schwule Migranten und organisierte 2005/2006 die Veranstaltungsreihe „Berliner Tage des interkulturellen Dialogs“.
Antjie Krog ist Lyrikerin, Schriftstellerin, Journalistin und Professorin an der University of the Western. Sie veröffentlichte zwölf Lyrikbände und drei Sachbücher: „Country of my Skull“ (1998) über die südafrikanische Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC), über die sie als Radiojournalistin berichtete, und „A Change of Tongue“ (2004) über den Transformationsprozess Südafrikas nach zehn Jahren wurden 2004 von LIASA, dem Verband südafrikanischer Bibliothekare, zu zwei der zehn wichtigsten Bücher des demokratischen Südafrikas erklärt. Ihr drittes Buch „Begging to be Black“ (2009) handelt vom Umgang mit dem Leben innerhalb einer `schwarzen´ Mehrheit. Darüber hinaus übersetzte Krog Nelson Mandelas Autobiografie „Long Walk to Freedom“ ins Afrikaans. Sie wurde mit allen renommierten südafrikanischen Preisen für Sachliteratur, Übersetzung und Lyrik in Afrikaans und Englisch ausgezeichnet und gewann den Stockholm Award der Hiroshima Foundation for Peace and Culture im Jahr 2000 sowie den Preis der Open Society der Central European University (frühere Gewinner waren Jürgen Habermas und Vaclav Havel).
Dumisa Buhle Ntsebeza war 1995 Mitglied der Wahrheits- und Versöhnungskommission. Sein Jurastudium absolvierte er, während er wegen politischem Aktivismus Mitte der 1970er und Anfang der 1980er Jahre inhaftiert war. Ntsebeza war verschiedentlich für kürzere Perioden amtierender Richter am High Court of South Africa sowie am Arbeitsgericht. Einige seiner Urteile wurden ausführlich in juristischen Zeitschriften wie dem „South African Law Journal“ besprochen. 2004 wurde er vom damaligen Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan in die Internationale Untersuchungskommission zu Verstößen gegen die Menschenrechte in Dafur, Sudan, berufen. 2005 wurde Ntsebeza der erste afrikanische Senior Counsel in der Geschichte der Cape Bar, einer Gesellschaft von am High Court of South Africa zugelassenen Anwältinnen und Anwälten. Immer wieder nimmt er führende Positionen im Rechtssystem Südafrikas ein. So ist er Gründungsmitglied und Präsident der National Association of Democratic Lawyers sowie vormaliger Präsident und jetziger Vizepräsident der Black Lawyers Association. Zurzeit ist er zudem Vorsitzender der Advocates for Transformation. Neben seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender der Firmen Barloworld und Equillore Limited sowie des Desmond Tutu Peace Trusts und weitere Organisation praktiziert er weiterhin als Anwalt und betreibt seine Kanzlei in Sandton, Johannesburg, als Mitglied der Victoria Mxenge Group of Advocates.
Bernd Pickert ist seit 1994 Redakteur im Auslandsressort bei taz.die tageszeitung. Seine Themenschwerpunkte sind Menschenrechte, die USA und Lateinamerika. Von 2000 bis 2012 war er Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft und engagiert sich seit ein paar Jahren in der Jury des taz-Panterpreises.