Die Shortlist des Jahres 2014
Die Shortlist des Jahres 2014 wurde am 27. Mai veröffentlicht. Zu ihrer Entscheidung kommentierte die Jury:
„Die Parodie eines Ratgebers, das mäandernde Langgedicht, die in Fragmente zerbrochene, dafür den Mythos integrierende Autobiografie – das sind, anders als der klassische Roman, Beispiele für Herangehensweisen heutiger Autoren an eine je verschiedene Wirklichkeit. Die sechs Shortlisttitel des Internationalen Literaturpreises 2014 zeigen die große formale Bandbreite gegenwärtiger Erzählliteraturen weltweit. Sie lassen auf je eigene Weise die Mächte erfahrbar werden, gegen die sich Menschen auf allen Kontinenten heute behaupten müssen. Für diese Erfahrungen haben insbesondere die Übersetzer der Werke einen unverwechselbaren Ton gefunden. Immer wieder kreisen die existenziellen Erkundungen, teils sarkastisch und voller Trauer, mal aber auch mit heiterer Souveränität, um den Begriff der Würde. Das Erzählen erweist sich für alle Autoren als Ort, von dem aus die Welt begriffen, geordnet und neu zusammengesetzt werden kann: die eigene und möglicherweise auch die anderer. Etwa die des Lesers.“
Folgende Autoren und deren Übersetzer sind 2014 mit ihrem Werk nominiert (in alphabetischer Reihenfolge der Autoren):
Zsófia Bán: Als nur die Tiere lebten
Suhrkamp Verlag 2014, aus dem Ungarischen von Terézia Mora
(Amikor még csak az állatok éltek; Magvető/Budapest 2012)
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aus dem Kommentar der Jury:
„Zsófia Báns Roman ist in viele Fragmente zerbrochen – genau wie die Geschichten, die er erzählt. Terézia Mora hat die anspielungsreiche, poetische Sprache Báns in ein wunderbares klares Deutsch gebracht, in dem die Wehmut der alten mitteleuropäischen Sprachwelt zwischen den Zeilen noch mitklingt.
Georgi Gospodinov: Physik der Schwermut
Literaturverlag Droschl 2014, aus dem Bulgarischen von Alexander Sitzmann
(Fizika na tagata, Janet 45/Plovdiv 2012)
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aus dem Kommentar der Jury:
„Georgi Gospodinovs lustvoll montierender und collagierender Erzähler rettet aus den Kellern vieler Zeiten, was vergessen ist oder werden soll – nicht zuletzt natürlich die kommunistische Vergangenheit Bulgariens. Den zahllosen Geistesblitzen, Stillagen und Formen wird Alexander Sitzmann mühelos gerecht.“
Mohsin Hamid: So wirst du stinkreich im boomenden Asien
DuMont Buchverlag 2013, aus dem Englischen von Eike Schönfeld
(How to Get Filthy Rich in Rising Asia, Riverhead Books/New York 2013)
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aus dem Kommentar der Jury:
„Hamids Fake eines Selbsthilfebuchs erzählt vom erbitterten Kampf der Menschen auf dem indischen Subkontinent um ein besseres Leben. Witz und Ironie des Originals sind in der Tonlage der Übersetzung durch Eike Schönfeld wunderbar getroffen.“
Bernardo Kucinski: K. oder Die verschwundene Tochter
Transit Buchverlag 2013, aus dem Portugiesischen von Sarita Brandt
(K., Expressão Popular/São Paulo 2012)
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aus dem Kommentar der Jury:
„Bernardo Kucinski hat einen ergreifenden Roman über den Schmerz geschrieben, die Verwandlung eines Vaters, der mit dem Verlust der Tochter nicht fertig wird. Sarita Brandt hat diesen eindringlichen Roman in ein nicht weniger eindringliches Deutsch übertragen.“
Dany Laferrière: Das Rätsel der Rückkehr
Verlag das Wunderhorn 2013, aus dem Französischen von Beate Thill
(L'énigme du retour; Éditions Grasset & Fasquelle, Paris 2009 & Les Éditions du Boréal/Montréal 2009
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aus dem Kommentar der Jury:
„Dany Laferrières Buch Das Rätsel der Rückkehr, wunderbar übersetzt von Beate Thill, ist alles zugleich: Gedicht, Roman, Essay und Tagebuch einer Rückkehr nach Haiti. Eine Identitätssuche mit offenem Ende und zugleich eine kongeniale Fortschreibung von Aimé Césaires poetischem Manifest Cahier d'un retour au pays natal.“
Dany Laferrière und Beate Thill sind Preisträger des Jahres 2014.
Madeleine Thien: Flüchtige Seelen
Luchterhand Literaturverlag 2014, aus dem Englischen von Almuth Carstens
(Dogs at the Perimeter, McClelland & Stewart/Toronto 2011)
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aus dem Kommentar der Jury:
„‚Flüchtige Seelen‘ ist eine ebenso poetische wie eindrücklich Erzählung, die schnörkellos, betörend eines der verabscheuungswürdigsten Kapitel der Menschheitsgeschichte auftut. Ein stiller, nachhaltig wirkender Wurf, der durch die subtile Übersetzung Almuth Carstens vom kanadischen Englisch ins Deutsche nichts an Suggestion und Kraft eingebüßt hat.“