Das Potosí-Prinzip, Ausschnitt Plakat , © Alice Creischer/Andreas Siekmann/Max Jorge Hinderer
Blick in die Ausstellung , © Haus der Kulturen der Welt, Foto: Sebastian Bolesch

7.10.2010–2.1.2011

Das Potosí-Prinzip

Ausstellung, Arbeitstage, Hausradio, Führungen

Nicht nur Rohstoffe, sondern auch Bilder, materielle wie ideelle, wurden vom kolonialen Lateinamerika nach Europa gebracht. Zum 200. Jahrestag der Unabhängigkeitsbewegungen in Lateinamerika thematisiert das Haus der Kulturen der Welt zusammen mit Partnern in Spanien und Bolivien einen speziellen Aspekt der Kolonialgeschichte: den Zusammenhang von Handels- und Imagetransfers, von Wirtschafts- und Denkstrukturen zwischen Lateinamerika und Europa und darüber hinaus.

Am Beispiel der berühmten Silberstadt Potosí setzen sich eine Ausstellung und Konferenz kritisch mit den Verhältnissen auseinander, die zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert die Minenindustrie in den Kolonien Lateinamerikas zu einem Herzstück der europäischen Wirtschaft haben werden lassen.

Das Projekt unter Leitung von Andreas Siekmann, Alice Creischer (beide Berlin) und Max Jorge Hinderer (Santa Cruz/Berlin) geht wirtschaftlichen und bildpolitischen Zusammenhängen nach, die seit dem 16. Jahrhundert bis heute die Weltordnung und damit auch unsere Wahrnehmung der Welt prägen. Anhand der Geschichte der andinen Kolonialmalerei, aber auch zeitgenössischer Werke zum Thema verdeutlicht die Ausstellung die systematische Ausbeutung des Vizekönigreichs Peru, das einen Großteil des südamerikanischen Kontinents umfasste. Der Projekttitel verweist auf die legendäre Stadt im bolivianischen Hochland, die jahrhundertelang ein Synonym für Reichtum war. Noch heute ist der Ausdruck vale un Potosí – das ist ein Vermögen wert – im Spanischen geläufig.

Die Ausstellung mit einmaligen historischen Exponaten und Neuproduktionen zahlreicher Künstler, die zuvor im Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía in Madrid und anschließend im Museo Nacional de Arte in La Paz gezeigt wird, beschäftigt sich mit der Überlagerung von Hegemonie und Bildproduktion zwischen Lateinamerika und Europa. Das Potosí-Prinzip wiederholt sich täglich weltweit und spiegelt sich in der Biennal- und Museumspolitik der heutigen Finanzhauptstädte. Zentral für diese Einordnung ist ein Korrespondentensystem, das den Kuratoren Expertisen zu den historischen und gegenwärtigen lokalen Verhältnissen aus London, Moskau und Peking zuliefert.

Das Potosí-Prinzip wird für jeden Ausstellungsort in Spanien, Deutschland und Bolivien unterschiedlich bearbeitet. Der Berliner Schwerpunkt liegt auf dem Thema „Kulturnation”: Mit der geplanten Ausstellung und einer internationalen Konferenz gehen die Kuratoren Fragen nach dem Selbstverständnis und der Selbstlegitimation von Staaten durch den Einsatz von Kultur nach – gerade auch vor dem Hintergrund des geplanten Humboldt-Forums in der Replik des umstrittenen Stadtschlosses.

Kooperationspartner: Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid; Sociedad Estatal para la Acción Cultural Exterior, Madrid; Museo Nacional de Arte La Paz, Bolivien.

Gefördert durch die

Kulturstiftung des Bundes