Lesungen und Gespräche
Gegengelesen. Literatur aus Argentinien
Wie schreibt es sich in einem Land, das die Folgen von Staatsterror, Turbokapitalismus und Wirtschaftskrise überwinden muss? Zum Schwerpunkt der diesjährigen Frankfurter Buchmesse präsentiert das Haus der Kulturen der Welt jüngere argentinische Autorinnen und Autoren, die eine Vorliebe für eigensinnige, doch unterhaltsame Literatur eint. Ob sie das europafixierte Selbstverständnis der Mittelschicht in Frage stellen, Romane schreiben, die zugleich literaturtheoretische Essays sind, oder dem Alltag neue Offenbarungen abgewinnen – alle ausgewählten Autorinnen und Autoren steuern mit ihrem Schreiben gegen den harmlosen Konsum von Büchern an. Dazu: das mobile lateinamerikanische Poesiefestival „Latinale“ und eine Ausstellung zur Geschichte der literarischen Avantgarden Argentiniens.
Tag 1 | Gegengelesen - Tag 2
14 h Gespräch
Latinale @ Gegengelesen: Verlegen in der Krise - ein soziales Projekt?
Washington Cucurto, Gustavo Darío López, Esteban Castromán
Sie trotzen mit ihren Verlagsprojekten der Krise: Die Kooperative Eloísa Cartonera stellt gemeinsam mit Arbeitslosen Unikate her, die bezahlbar sind. Das exquisite Programm der Ediciones Vox strahlt von der Hafenstadt Bahía Blanca nach ganz Lateinamerika aus. Objekte für Buchfetischisten bringt Ediciones Clase Turista auf den Markt.
Moderation: Timo Berger, Autor, Übersetzer und Publizist
Mit deutsch-spanischer Simultanübersetzung
16 h Lesung
Latinale @ Gegengelesen:Wider die Nation. Boedo ist überall
Fabián Casas, Damián Tabarovsky, Washington Cucurto, Lina Meruane
Was hat die Krise von Argentinien übrig gelassen? Für Fabián Casas, Träger des Anna-Seghers-Preises 2007, ist nicht Argentinien, sondern das Viertel seiner Kindheit die Keimzelle einer neuen Solidarität. Er widmete dem Stadtteil „Boedo“ von Buenos Aires, von dem sich der Name einer literarischen Avantgarde-Gruppe der 20er-Jahre ableitete, eine Reihe von Erzählungen („Lob der Trägheit“, Rotbuch 2010). Der Soziologe und Schriftsteller Damián Tabarovsky untersucht die Widersprüche der argentinischen Literatur mit Humor. Washington Cucurto („Schuhe aus Leinen“; SuKuLTtur) beschreibt, wie Argentinien immer mehr in Lateinamerika ankommt. Und die chilenische Autorin Lina Meruane unterminiert nationale Stereotypen performativ. Meruane erhielt, nach Erzählbänden und dem Roman „Fruta podrida“, nun ein Guggenheim-Stipendium für einen noch unveröffentlichten Roman.
Moderation: Rike Bolte, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am LAI Berlin
18 h Lesung, Gespräch
Geschichte(n) und Gedenken
Félix Bruzzone, María Sonia Cristoff, Martín Kohan
Wie wird eine Geschichte voller Risse literarisch vergegenwärtigt? Martín Kohan beschwört in seinen Romanen („Zweimal Juni“, „Sekundenlang“, Suhrkamp) das Grauen der Militärdiktatur. María Sonia Cristoff berichtet in ihren Reportagen vom Ende der Welt („Patagonische Gespenster“, Berenberg). Félix Bruzzone („76“, Berenberg 2010), selbst Sohn von „Verschwundenen“, stellt die herkömmlichen Tradierungen der jüngsten Geschichte auf den Prüfstand.
Moderation: Michi Strausfeld, Literatur-Scout und Lektorin
In Zusammenarbeit mit Latinale, Instituto Cervantes und der Botschaft der Republik Argentiniens in Deutschland
Kuratiert von Timo Berger, Rike Bolte, Susanne Stemmler, Silvia Fehrmann
Programmkoordinatorin: Cordula Hamschmidt
Projektassistenz: Isabel Ferrin-Aguirre I Praktikantin: Nathalie Solís Pérez
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