Meine Homère ist tot ...
Hélène Cixous | Claudia Simma
„Meine zerfallende Mutter geht in mir um.“
Jurykommentar
Ein Entsetzen, ein Übersteigen und Untergehen, zärtlich, durchdringend, bestimmt, von haarfein spezifischer Wucht ‒ ein Text um alles. Hélène Cixous spricht von den letzten Jahren, den letzten Monaten, vom Mutterundtochtersein, vor allem aber vom ganz konkreten Sterben ihrer 103-jährigen Mutter Ève im Jahr 2013. In einer Sprache, die durch ein 45-jähriges Schreib- und Denkleben gegangen ist, um für die letzten Dinge kein schon begriffenes Werkzeug zu haben. Eine Sprache, die existenzielle Sätze findet für eine existenzielle Überforderung, im Lieben, Füreinanderdasein und Voneinanderlassenmüssen. Eine sehr seltene, kostbare Leseerfahrung, die sich auch der herausragenden Übersetzung von Claudia Simma verdankt.
— Daniela Seel
Autorin: Hélène Cixous
Hélène Cixous, 1937 als Tochter jüdischer Eltern in Algerien geboren, ist Schriftstellerin, Dramaturgin, Essayistin, Feministin und Denkerin. Infolge der Studentenproteste in Paris wurde sie 1968 mit der Gründung der experimentalen Universität Vincennes (später Paris VIII) beauftragt, wo sie als Professorin lehrte und 1974 das erste Forschungszentrum für Études Féminines in Frankreich gründete. Mit ihrem Essay Das Lachen der Medusa wurde sie zur wichtigen Impulsgeberin einer écriture féminine, deren Einfluss auf feministische Debatten und Gender-Diskurse bis heute spürbar ist. Durch den langjährigen Austausch mit Jacques Derrida war sie außerdem eng mit der Entwicklung der Dekonstruktion verbunden.
Übersetzerin: Claudia Simma
Claudia Simma, 1969 in Zürich geboren, studierte Philosophie, Komparatistik und englische Literatur sowie am Zentrum für Études Féminines an der Universität Paris VIII und promovierte im Jahr 2000 bei Hélène Cixous über Die Passion nach G. H. von Clarice Lispector. Sie unterrichtet Literatur und Ästhetik in Paris und gehört seit 2010 zu den Übersetzer*innen des umfangreichen Werks Hélène Cixous’.