Absence (Abwesenheit)
Das Anthropozän-Projekt. Eine Enzyklopädie
Nulla poena sine lege. Keine Strafe ohne Gesetz, so die Regel. Gerichtshöfe urteilen zuweilen in Abwesenheit des Angeklagten oder sprechen Todesurteile aus – solange das Gesetz eine Straftat definiert, ist diese rechtlich verfolgbar. Aber was ist, wenn Zeugen oder Beweise fehlen, die Aussagen der klagenden Partei zu belegen und die Straftat nicht nachgewiesen werden kann? Wenn Gesetze noch keine Straftat sehen, wo längst Schäden sind? Denken wir besser nicht an Philip K. Dicks Minority Report, wo „PreCrimes“, Straftaten bereits vor ihrer Ausführung, geahndet werden. Vielmehr an eine weitere, eine 5. Genfer Konvention der Menschenrechte, die neue Beweise zulassen und neues internationales Recht etablieren könnte. Oder schwelgen wir in der romantischen Abwesenheit – wenn Maschinen und Prothesen den Menschen Arbeit abnehmen oder wenn Abwesende und Abwesendes Sehnsüchte wecken. Kaum einer hingegen wird gerne in des Menschen Abwesenheit vom Planeten Erde schwelgen mögen – ob der Mensch nach dem Doomsday eine Lücke hinterlässt und wer oder wie diese zu füllen wäre – spätestens da wären wir schon mitten im Gespräch über das Anthropozän angelangt.
Mehr Informationen in der HKW-Mediathek
HKW Talk on the Anthropocene. Mit Eyal Weizman, Kurator von Forensis, und Bernd M. Scherer
Forensics and Human Rights Abuse. Wolfgang Kaleck im Gespräch mit Anselm Franke
Ist das Anthropozän ... ein Weltuntergangsszenario? Dialog zwischen Cary Wolfe und Claire Colebrook
History on an expanded canvas. Keynote Dipesh Chakrabarty