Irdische Ethik

Anthropocene Campus, ©Sera Cakal

Mit Beiträgen von Zev Trachtenberg (Philosophy, University of Oklahoma), Will Steffen (Climate Change Institute, Australian National University, Canberra), Philipp Oswalt (Architekt und Publizist, Architectural Theory and Design, Universität Kassel). Moderation: Ashkan Sepahvand.

Wie es scheint, stellt das Anthropozän im Kern ethische Ansprüche von nie gekanntem Ausmaß. Die gesamte physische Dimension des Planeten – vom Individuellen und Lokalen bis zur Ganzheit des Globalen – verdichtet sich zu Fragen des Gewissens, der Verantwortung und des Mitgefühls. Dieses ethische Umdenken schließt nicht nur unsere unmittelbaren Nachbarn oder die nächstliegende gesellschaftliche Größenordnung (etwa von der Familie zur Gemeinde) ein, sondern erweitert sich bis hin zu weit entfernten menschlichen oder auch nichtmenschlichen Wesen. Die Moderne hat anscheinend einen Bruch der uralten Grundsätze raumzeitlicher Ethik bewirkt, die von einer ganzheitlichen Zusammengehörigkeit früherer und künftiger Generationen sowie von einer klaren Verortung in einer unmittelbaren Lebensumgebung geprägt war.

Auch aus heutiger Sicht scheinen wieder die Generationen- und Umweltgerechtigkeit, das Streben nach Nachhaltigkeit und zukunftsverträglicher Bewirtschaftung, das Bedürfnis nach Fürsorge und Anteilnahme in den Vordergrund zu treten, wie schon vor der Zeit, als die Moderne mit ihrem Anspruch, über Zeit und Raum zu verfügen, all dies vorübergehend außer Kraft setzte. Welche Art von ethischen Werten erfordert das Anthropozän? Wie können sich lokale Tugenden und universelle Gesetze gemeinsam in einem ethischen Paradigma einrichten? Wie können vielfältige kulturelle Prädispositionen und die wissenschaftliche Autorität – mit ihrem globalen Geltungsanspruch - gemeinsame raumzeitliche Koordinaten besetzen?

Aufzeichnung: Video / Audio