Akiko Kitamura

Der zeitgenössische japanische Tanz und die Choreografin Akiko Kitamura

von Akiko Tachiki

In den 1990ern trat eine junge Tanz-Generation mit ganz neuer Einstellung auf. Im Zuge eines gesellschaftlichen Wandels und wirtschaftlicher Blüte verschwanden Avantgarde und radikale Gegenkultur, ein desinteressierter Individualismus bestimmte den Grundton der Gesellschaft. Im Bereich der Kunst machte die Verbreitung der Popkultur die Unterscheidung von Hochkultur und Unterhaltungskultur hinfällig. Befreit von sozialen Zwängen reflektieren jungen Choreografen heute die menschliche Existenz mit einer einzigartigen Leichtigkeit, Nonchalance und Lust an der Parodie. Nach der drastischen Untersuchung des Körpers beim Butoh wissen sie, dass der Tanz aus ihrem eigenen Dasein erwächst. Der Körper wird so zum Ausgangspunkt der Arbeit.

Die Frage der „künstlerischen Realität“ ist dabei zu einem bestimmenden Thema geworden. Manche fokussieren die Realität des Körpers durch heftige, brutal anmutende Bewegungen, während andere die Grenze zwischen Realität und virtuellem Bild verwischen, indem sie Multimedia-Techniken einsetzen und die Ambiguität der Ausdrucksweisen analysieren. Indem sie den Körper mit all seinen kulturbedingten Einschreibungen zum Thema machen, haben die Choreografen eine Antwort auf die Frage nach der Wirklichkeit des modernen Lebens gefunden.

Akiko Kitamura ist eine dieser jungen Choreografen mit einem sehr feinen Sinn für den multimedialen Ausdruck. Ihre Arbeit, die immer auch Filmbilder miteinbezieht, wirkt abstrakt und geradezu stoisch, gleichzeitig wendet sie sich mit messerscharf austarierten Bewegungen sehr wirkungsvoll direkt ans Publikum. Kitamura kalkuliert die Elemente einer Performance so exakt wie Algorithmen, und beweist damit ihre außergewöhnliche Fähigkeit zur räumlichen Komposition.

Die japanische Tanzkritikerin Akiko Tachiki lebt und arbeitet in Tokyo. Sie schreibt für Dance Magazine, Ballet, Dance Art und Theatre Arts und ist Korrespondentin von ballett International/Tanz aktuell.