The Story of MALIcool
Aus den Notizen von Roswell Rudd zur CD MALIcool
Ich merkte sehr schnell, dass ich mich an das Level der Kora anpassen musste, nicht nur was die Intensität, sondern auch was die Dauer anbelangt. Ich musste mehr Raum lassen als ich es gewohnt war, und das würde sich auf die Länge und die Ökonomie meiner eigenen musikalischen Statements auswirken.
Der Klang der Streichinstrumente und des Balaphons auf MALIcool bildet ein Kontinuum, wobei kurze Breaks improvisierte Episoden markieren. Das gibt jedem Solisten die Chance, die Grenze seiner Kreativität durchdacht auszuspielen, bevor er dem nächsten Solisten die Gelegenheit gibt. Ich nenne ihre Musik „offene Form“ in dem Sinne, dass es im Solo-Bereich nur ganz wenig an repetetiver Begleitung gibt, die nur solange dauert, wie ein Solist in vollem Schwung ist.
Das Malische System ist konservativer, was den Gesamt-Gehalt der Musik angeht. Im Westen sind wir gewohnt, das chromatische (oder 12-Ton-) System bis zum Äußersten zu auszunutzen. Als Jazz-Improvisateur weitest Du dieses System durch Schattierungen und Beugungen der Intonation auf die Mikrotonalität aus. In Mali benutzten aber alle, die ich hörte, insbesondere die Sänger, eine natürliche Oktave von 7 Tönen, zwei aufeinanderfolgende Tetrachorde, die weißen Tasten des Klaviers. Keine zwei Stimmen dieses ‚Systems’ waren genau gleich. Anders gesagt, gibt es keinen exakten Standard beim Stimmen, wie das, zumindest theoretisch, bei den Tasteninstrumenten im Westen der Fall ist - was ja wiederum auf die Sänger und Instrumentalisten westlicher Orchester übertragen wird. Die Malier stimmen vom Balaphon aus. Keine zwei Balaphone sind genau gleich gestimmt und doch können wir sagen, dass sie alle einen gemeinsamen Klang haben. Sie sind oft in einer Art und Weise gestimmt, die zunächst für westliche Ohren zwiespältig klingt, aber glauben Sie mir, es ist sehr sinnvoll und spannend so, wenn es um die Aufführung echter Musik geht. Die Vorgehensweise, annähernd zu stimmen, ist sehr sehr alt. Sie ist Teil früher europäischer Musik und auch im Rest der Welt gebräuchlich. Es gibt dem Gesamtklang eine sehr delikate Färbung, wie es nur mikrotonale Unterschiede fertigbringen.