Gamelan-Konzert
Ensemble Garasi Seni Benawa
Surakarta/Mittel-Java
In Surakarta – einem der einstigen höfischen Zentren – hat sich eine eigenständige und zugleich sehr weltoffene Musik-Szene etabliert. Rahayu Supanggah, Leiter des Ensembles „Garasi Seni Benawa“, ist als einer der profiliertesten Künstler Indonesiens auch häufig bei internationalen Produktionen – kürzlich mit Robert Wilson – als Komponist gefragt. Eine der Kompositionen, die in Berlin aufgeführt werden, ist „Bulan“ von dem in Deutschland ausgebildeten Suka Hardjana, der das Thema „Tradition vs. Moderne“ kongenial aufgreift. Der dritte Komponist Darno wird mit originellen Bambusinstrumenten eine Facette seiner lokalen Kultur miteinbringen.
Die Kompositionen des Abends
„Timasan Bedaya Temanten“ (trad.+ Rayahu Supanggah , 2005)
„Bedaya“ ist eine abstrakte Form von Tanzdrama und ein wichtiges Element aller Zeremonien an javanischen Höfen. Die vielfältigen Formen des „Bedaya“ basieren auf Geschichten, die Krieg und Liebe zum Thema haben. Jeder „Bedaya“ wird in der Regel von neun jungen Mädchen mit ähnlichen Kostümen und Bewegungen aufgeführt. Der Text wird dabei gesungen, denn nur so lässt sich die zu Grunde liegende Geschichte für den Betrachter nachvollziehen. Die Musik ist von großer Bedeutung, was vor allem dadurch deutlich wird, dass die jeweiligen „Bedaya“ in der Regel den Namen der Melodien tragen. Ein typisches Merkmal dieser Musik ist das chorische Singen. Dabei wird die Stimme als Musikinstrument aufgefasst und steht völlig gleichwertig neben den Instrumentalstimmen. Es liegt keine Begleitung der Stimme durch die Instrumente vor.
„Evolusi-Bambu“ ( Darno , 2005)
Diese Komposition wurde von verschiedenartigen Bambusklängen aus dem Alltag der Landbevölkerung um Banyumas beeinflusst. Bambus dient dort gleichermaßen als Werkzeug zur Bestellung der Felder, zum Verjagen der Vögel, wie auch als Musikinstrument. Dabei ist besonders die Spannung zwischen bewusst gestalteten und zufälligen „Arbeits“-Klängen interessant. So beginnen Bauern beim Vertreiben der Vögel aus den Reisfeldern oft, miteinander mit koordinierten Rhythmen zu spielen.Im Sinne eines evolutionären Prozesses wurde nun der musikalische Gebrauch von Bambus weiter entwickelt, und besonders im Umfeld von Banyumas entstanden zahlreichen Ensembleformen mit Bambusinstrumenten. Davon ausgehend hat Darno sein Stück für Bambusinstrumente entwickelt, das in etwa auch den Lebenszyklus nachzeichnet.
„Anane Ana“ ( Rahayu Supanggah , 2005)
„Nang, ning, nung, nang“ wird von einigen Javanern als ein Zeichen des Beginns des Lebens betrachtet. Ein neugeborener Mensch lernt zuerst Musik kennen – die Stimme –, danach den Tanz – Bewegung – und noch später die bildenden Künste. Darüber hinaus ist „Nang, ning, nung, nang“ die Bezeichnung für das Anfangselement in der javanischen Musik. Mit seiner Komposition „Anane Ana“ thematisiert Rahayu Supanggah den grundlegenden Klang von Musik und den Beginn des Lebens der Javaner: „Leben ist Spiel und gegenseitiges Geben und Nehmen. Man sollte auch über sich selbst lachen – warum nicht!“
„Bulan“ ( Suka Hardjana , 1995/2005)
Dieses monumentale Werk kann man als eine Art Neuanfang in Suka Hardjanas Karriere als Komponist bezeichnen. Ursprünglich war es als Filmmusik für den Film „Bulan Tertusuk Ilalang“ von Garin Nugroho gedacht. Aus einem bis heute unerklärlichen Grund wurde damals die Musik vor den Dreharbeiten komponiert, und es war nicht verwunderlich, dass danach eine Koordination kaum mehr möglich war. Suka Hardjana richtete daraufhin das Werk als autonomes Musikstück ein, wie es auch hier dargeboten wird. „Bulan“ ist eine suitenartige Komposition, die auf sehr subtile Art und Weise die traditionelle javanische Musiksprache weiterführt, uminterpretiert und schließlich zu neuen Formen führt. So stehen verschiedene ästhetische Ebenen, aber auch durch die Stilistik repräsentierte Zeitebenen nebeneinander und schaffen unter javanischen Gesichtspunkten eine Art Kugelgestalt der Zeit. Deutlich ist dabei Suka Hardjanas Vertrautheit mit der europäischen Avantgarde und ihren ästhetischen Prämissen zu spüren, ohne dass an irgendeiner Stelle der Eindruck einer plumpen Imitation entstehen würde. Gerade die subtile Transformation macht dieses Werk zu einem Meilenstein der aktuellen Gamelanmusik.
Programm
Rahayu Supanggah: „Timasan Bedaya Temanten“ (2005)
Darno: „Evolusi Bambu“ (2005)
Rahayu Supanggah: „Anane Ana“
PAUSE
Suka Hardjana: „Bulan“ (1995/2005)
Leiter des Ensembles: Rustiantoro, Rahayu Supanggah
Komponisten: Rahayu Supanggah, Darno
Auswärtiger Komponist : Suka Hardjana, Jakarta
Im Rahmen der Asien-Pazifik-Wochen, die unterstützt werden durch die Stiftung deutsche Klassenlotterie Berlin (DKLB).