Der Zirkel der Literaturliebhaber
Amir Hassan Cheheltan | Jutta Himmelreich

Jurykommentar
Dies ist ein Buch, das sich nicht von den Absteckungen der Zuschreibung „Roman“ beeindrucken lässt. Ein Buch, das auf den Erinnerungen des Autors aufgebaut, also als autobiografisch im weiteren Sinn zu verstehen ist, außer: dass der Autor seine eigene Jugend um 15 Jahre etwa verschoben hat, nämlich in die Zeit der Islamischen Revolution 1978, als er selbst bereits Anfang Zwanzig war. Im Zentrum steht die Literatur, vor allem die klassische persische, aber nicht ihre offizielle Lesart. Sondern ihre subversiven Strömungen, ihre homoerotischen, ihre pornografischen Anteile. Es ist also in mehrfacher Hinsicht ein doppelbödiges Buch, was sich auch in der Sprache spiegelt, die Jutta Himmelreich im Deutschen mal blumig, mal sarkastisch, mal völlig nüchtern übersetzt – eine Coming-of-Age-Story aus Teheran, ein literaturhistorisches Seminar, ein Nachfabulieren althergebrachter Erzählungen, eine Geschichte der historischen Umbrüche und Katastrophen, und das alles in einem Buch, das, wie alle Bücher Cheheltans der vergangenen Jahre, in seiner Originalsprache bis auf Weiteres nicht erscheinen wird.
— Verena Lueken, Jury

Autor: Amir Hassan Cheheltan
Amir Hassan Cheheltan studierte in England Elektrotechnik, nahm am Irakkrieg teil und veröffentlichte in Teheran Romane und Erzählungsbände. Zwei Jahre hielt er sich wegen der Bedrohung durch das Regime mit seiner Familie in Italien auf. Sein Roman Teheran, Revolutionsstraße erschien 2009 als Welt-Erstveröffentlichung auf Deutsch, es folgten Teheran, Apokalypse und Teheran, Stadt ohne Himmel. Zuletzt erschien sein Roman Der Kalligraph von Isfahan. Cheheltan schreibt für FAZ, SZ und die ZEIT.

Übersetzerin: Jutta Himmelreich
Jutta Himmelreich studierte Romanistik, Amerikanistik und Ethnologie in Frankfurt, Tucson, Arizona und Paris. Sie ist seit 1985 als Übersetzerin und Dolmetscherin in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Farsi tätig.