Parapolitik: Kulturelle Freiheit und Kalter Krieg
Es ist eine bekannte Tatsache, dass die CIA während des Kalten Krieges insgeheim kulturelle Aktivitäten finanzierte. Parapolitik zielt nicht darauf ab, diesen Skandal zu enthüllen — auch wenn dem Thema auf Seiten der Museen bisher kaum Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Das Ausstellungsprojekt hinterfragt stattdessen, ob der Kanon der westlichen Moderne rückwirkend „globalisiert“ werden kann, ohne dass die ideologischen Strukturen und institutionellen Narrative problematisiert werden, die diesen untermauerten und exportierten. Vor diesem Hintergrund zeichnet die Ausstellung nach, wie der Kampf um Hegemonie im Kalten Krieg dabei half, die moderne Kunst zu prägen und als „frei“ zu verteidigen — als radikal individuell und jenseits von Ideologie. Parapolitik betrachtet die Freiheitskonzeptionen des Kalten Krieges und untersucht künstlerische und kulturelle Autonomie im prekären liberaldemokratischen Konsens, der unsere Gegenwart nach dem Kalten Krieg prägte.
Parapolitik benutzt die Geschichte einer der Frontorganisationen der CIA — der Kongress für kulturelle Freiheit (Congress for Cultural Freedom, CCF) — , um die politische Inanspruchnahme ästhetischer Formen im 20. Jahrhundert auf den Prüfstein zu stellen. Die Ausstellung widmet sich den langen Schatten, die der Wandel intellektueller Parteinahmen seit den 1930er Jahren geworfen hat. Der Aufstieg des Stalinismus in der UdSSR hatte dazu geführt, dass sich zahlreiche Künstler*innen und Schriftsteller*innen, wenn auch in unterschiedlichem Maße, von ihrem früheren Engagement für eine revolutionäre Politik lossagten. In den 1950ern setzten sich diese ehemaligen Radikalen — aus denen sich die nichtkommunistische Linke gebildet hatte — bewusst oder unbewusst für eine von den USA angeführte „Freiheitsoffensive“ ein, oftmals unter dem Schirm des CCF.
Die Ausstellung zeigt die Werke zeitgenössischer Künstler*innen, die sich mit dem Kampf um kulturelle Hegemonie beschäftigen und die eng gefasste Instrumentalisierung von Abstraktion und Realismus im Kalten Krieg unterlaufen. Neben ihren Arbeiten ist umfangreiches Archivmaterial zu sehen, insbesondere Publikationen, die in Zusammenhang mit dem Kongress für kulturelle Freiheit stehen. Diese Materialien machen deutlich, wie Intellektuelle und Künstler*innen zu einer wichtigen, strategischen Zielscheibe wurden und die modernistische Kunst zu einer Waffe im rasant wachsenden Arsenal „friedlicher“ Methoden wurde. Die historischen Kunstwerke in der Ausstellung stellen dabei keine Beispiele für unter der Schirmherrschaft der CIA produzierte Kunst dar. Vielmehr zeigen diese Werke auf, wie die politische Instrumentalisierung der Kunst die Künstler*innen teils unverhohlen, teils verdeckt dazu zwang, den Kontext und die Bedeutung ihrer Arbeit neu zu verhandeln — und dabei ihre eigenen Geschichten der Subversion, Fluchtbewegungen oder Kritik zu schreiben.
Parapolitik versucht die Aufmerksamkeit auf das von der binären Logik des Kalten Krieges Überschattete, Ausgeschlossene und Verunmöglichte zu richten. Durch das Wechselspiel von Archivmaterial und Kunstwerken strebt die Ausstellung danach, die Konfliktlinien neu zu entdecken, die künstlerische Entscheidungen angetrieben haben und indirekt das Feld der zeitgenössischen Kunst bis heute verfolgen.