Partizipatives Regieren

Anthropocene Campus, ©Sera Cakal

Mit Beiträgen von Stella Veciana (Transdisziplinäre Forscherin, Berlin), Arno Brandlhuber (Architekt, Berlin), Christoffer Brick (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, Berlin). Moderation: Marco Armiero

Viele Menschen teilen offenbar die Ansicht, dass im Sinne einer sanften Landung im Anthropozän jede Reaktion auf die gegenwärtigen Krisen durch demokratische Prozesse der Machtausübung legitimiert werden muss. Das ist ohne Zweifel eine gewaltige Herausforderung, allein schon angesichts der Krise der Demokratie als solcher: Wie kann ein Politikverständnis, das ursprünglich im Handlungszusammenhang des kleinräumigen Stadtstaates entwickelt wurde, in eine Größenordnung transformiert werden, die dann vielfältige geografische Räume und Subjektivitäten– letztendlich die ganze Welt – umfasst? Das Konzept der „Machtausübung durch das Volk und für das Volk“ stellt nicht nur einen weiter gefassten Begriff von Handlungsmacht infrage und wird zugleich von diesem infrage gestellt. Es steht auch im Widerspruch zum „gewohnten Gang“ der Geschichte und zu den Prinzipien, die unsere heutigen Gesellschaften bestimmen, nämlich zu der Tendenz gesellschaftlicher Organisationen, unter äußerem Druck schnell in eskalierende innere Katastrophenzustände zu geraten, ebenso wie zur „dissipativen“ Neigung von Demokratien, den Willen des Volkes aufgrund ihrer technokratischen Verfasstheit von Expertengesellschaften überschreiben zu lassen.

Eine wirkliche Bürgergesellschaft auf der Grundlage von breiter Mitsprache, Engagement, Anteilnahme und aktiver Mitwirkung gibt es nur selten. Wer partizipiert, und wer delegiert Partizipation? Welchen Stellenwert hat politische Führung? Wer übernimmt Verantwortung für Entscheidungen? Wie können wir Vorstellungen von Partizipation, Engagement und Konsens, die dem demokratischen Wertebewusstsein teuer sind, den vielschichtigen Prozessen und unterschiedlichen Konstellationen von Interessengruppen und Anspruchsberechtigten anpassen? Brauchen wir andere Modelle des Regierens? Müssen wir uns dafür bei anderen, nicht-politischen Bündnis- , Affinitäts-, und Relationalitätsordnungen bedienen?

Aufzeichnung: Video / Audio