Überlebenskunst – Berlins internationale Musikszene vertont den Klimawandel
Feat. Jimmy Trash, Animal Cops, Marco Brosolo, September Collective, DM Bob, Lord Mouse
Autopilot, 2013
Buchhandelsausgabe: € 10,00
Vergriffen, ggf. im antiquarischen Handel erhältlich.
Im Jahr 2011 präsentierte die Veranstaltungsreihe „Überlebenskunst“ im Haus der Kulturen der Welt wissenschaftliche, politische und künstlerische Reflektionen zum Thema Klimawandel. Als Bestandteil der Reihe startete die Kulturstiftung des Bundes in Kooperation mit dem Haus der Kulturen der Welt die Konzertreihe HKW LOKAL, gewidmet den in Berlin lebenden internationalen Künstlern. Folgerichtig hat man ausgewählte Berliner Exil-Musiker mit einer inhaltlichen Vorgabe konfrontiert: Überleben in Zeiten des Klimawandels. Es ging also um das Leben und Überleben in einer zunehmend lebensfeindlichen Umwelt. Die Musiker, Bands und Projekte, die im Rahmen der Reihe eingeladen wurden, standen vor einer schwierigen Frage. Der Frage nämlich, wie der Klimawandel klingt. Dass die Ergebnisse der musikalischen Auseinandersetzungen mit diesem Thema auch auf einem Tonträger präsentiert werden sollten, gehörte von Anfang an zum Konzept.
Die Resultate hätten kaum unterschiedlicher sein können. Während der Australier Jimmy Trash mit seinem Gunpowder Temple of Heaven eine Art Weltuntergangs-Minioper im Sixties-Soul- Rock-Stil komponierte, ließ das All-Star-Trio September Collective (Barbara Morgenstern, Stefan Schneider, Paul Wirkus) die durch den Gesang des Chor der Kulturen der Welt symbolisierte Natur gegen die durch ihre elektronischen Instrumente verkörperte Maschinenwelt antreten. Und das nicht nur metaphorisch, sondern ganz konkret auf der Bühne, nämlich indem die drei Laptop-Musiker „gegen“ den Chor der Kulturen der Welt anspielten. Ganz anders klingen DM Bobs melancholische Abgesänge auf die Trucker-Romantik. In den Liedern der russischen und kroatischen Animal Cops wiederum beziehen Tiere Position gegen den Menschen, während Lord Mouse & The Kalypso Katz sich aus dem reichen Fundus der Calypso-Musik Trinidads bedienten, um Songs zum Thema zu finden. Allein über ihren Bandnamen lässt die Band ebenfalls eine hohe Affinität zur Tierwelt erkennen. Besonders gut gefällt uns die nonchalante Kombination seriös politischer Texte mit den fröhlich-eingängigen Grooves dieser Calypso-Truppe.
Es ist schon interessant, wie unterschiedlich Musiker mit einer solchen Themensetzung umgehen. Der eine wirft sich in aller Ernsthaftigkeit und mit großer Anstrengung mitten hinein; der andere versucht die harte Arbeit der inhaltlichen Auseinandersetzung zu umgehen und mogelt ein bisschen. So entstand eine bunte Sammlung unterschiedlichster musikalischer Stilistiken, die sich in dieser Form der Gegenüberstellung auf LP besonders scharf voneinander abgrenzen.
Gestaltung: Julia Kliemann (einspunktschwarz.de)