06.–08.2.2009
Audio Poverty
Musik und Armut
Ein Wochenende mit Diskussionen & Vorträgen, Konzerten & Parties, Performances & Experimenten
Was tun in der Umwälzung des Musiklebens: Obwohl Musik in einem nie da gewesenem Maße verfügbar ist und auch gehört wird, stellt sich zunehmend die Nivellierung und Austauschbarkeit des einzelnen Werks ein. Die wirtschaftlich und künstlerisch autonome Musikkultur, die seit Ende der 70er-Jahre eines der wichtigsten gesellschaftlichen Korrektive bildete, ist in ihrer Existenz bedroht. Musikkritik, Journalismus und Wissenschaft verlieren ihre Meinungshoheit zugunsten der flachen und globalisierten Hierachie der Netzkultur. Die Kategorie der musikalischen Bildung wird durch die neue Unverbindlichkeit des Sprechens über Musik unterwandert. Die Öffnung der Archive bringt einen überhistorischen Zugriff auf das musikalische Repertoire hervor, fordert vom Hörer kein Epochen-, Stil- oder Kategorien-bildendes, historisches Bewusstsein.
Gegenwärtig zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab, der das Musikleben von Grund auf verändern wird. Diese Veränderungen betreffen den Stellenwert von Musik in der Öffentlichkeit, das Hörverhalten der Konsumenten, die Verfügbarkeit von Musik sowie ihre Wertschöpfung.
Die Künstler reagieren weltweit auf unterschiedlichste Weise: Prince legte seine neue CD kostenlos einer Ausgabe der britischen Zeitung „Mail on Sunday“ bei und spielte im Anschluss 21 ausverkaufte Konzerte in London. Madonna schloss ihren neuen Vertrag über 120 Millionen Dollar nicht mit einer Plattenfirma, sondern mit einem australischen Konzertveranstalter ab. Einbußen im Absatz des Backkatalogs führten zu einer Reunion-Flut, an der lange Zeit inaktive Bands wie Led Zepellin, Genesis oder My Bloody Valentine teilhatten. Über eine Million nicht verkaufte Robbie-Williams-CDs wurden zerschreddert und so für den chinesischen Straßenbau nutzbar gemacht.
Audio Poverty widmet sich den Bereichen Ökonomie, Rezeption und Produktion. Diese Themenkomplexe werden an drei aufeinander folgenden Tagen mit Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Künstlergesprächen, Konzerten und DJ-Sets erörtert. Probleme der Gegenwart sollen mit Blick auf historische Phänomene wie die Musik der Arte povera und der amerikanischen Mavericks, mit Blick auf die ästhetische Praxis und die ästhetische Theorie, mit Blick auf die Popkultur und die Kunstmusik erhellt werden.
Audio Poverty will die allgemeine Hilflosigkeit zur Sprache bringen und die Vereinzelung in Produktion wie Rezeption auflösen, Werkzeug zur Diskursivierung bereit stellen und musik-politische Lösungsvorschläge skizzieren.
Mit
Heinz-Klaus Metzger, Kode 9 (UK), Kodwo Eshun (UK), Mark Chung, Gudrun Gut, Achim Bergmann, Jay Rutledge, Joel Berger, DJ Rupture (USA), Awesometapesfromafrica (USA), Ensemble Zwischentöne, Ensemble Asamisimasa (NOR), Sabine Sanio, Ensemble Mosaik, Thomas Meadowcroft (AUS), Alan Hilario (PHI), Enno Poppe, Oyvind Torvund (NOR), Goodiepal (DK), Christine Lemke-Matwey, Helga de la Motte-Haber, Jonathan Fischer, Max Dax, Chris Bohn (UK), David Keenan (UK), Diedrich Diederichsen, Kai Fagaschinski, Werner Dafeldecker (AT), Barbara Romen (AT), Eva Reiter (AT), Manon-Liu Winter (AT), Josephine Foster (USA), Hair Police (USA), DJ Vamanos (UK), Alvin Curran (USA), Golo Föllmer, John Eden (UK), Hartmut Möller, Orm Finnendahl, Serge Baghdassarians, Brian Duffy (UK), Christiane Rösinger, Modified Toy Orchestra (UK), Quarta 330 (JAP).
Kuratoren: Ekkehard Ehlers, Björn Gottstein.
Eine Kooperation von Wandering Star e.V. und dem Haus der Kulturen der Welt.
Audio Poverty wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes