Kommando Stuhlgeist, Ton Steine Scherben Family und K.I.Z.
Konzert
im Haus der Kulturen der Welt
Kommando Stuhlgeist 3tot oder Keine Ahnung, Die Firma oder ichfunktion, Herbst in Peking oder Frigitte Hodenhorst Mundschenk hießen ihre Bands. Oder auch Magdalene Keibel Combo nach den Straßen, in denen Stasi-Zentrale und Volkspolizeipräsidium standen. Zur musikalischen Kooperation, der sie hin und wieder den Namen Kommando Stuhlgeist geben, trafen sie sich 1987 im Keller in Ost-Berlin. Andrea Hüber-Rhone, Trötsch, Benno Verch, Egon Kenner, Key Pankonin, Jacob Enderlein und Bert Papenfuß kommen aus dem „Magnetband-Untergrund“ in der DDR. Anfang der 80er formierte sich da in Wohnzimmern, Schrebergärten, Kirchen eine Subkulturszene - aus punkinspirierten Musikern, Samisdat-Literaten und performativ-bildenden Künstlern. Die Musiker schraubten an neuen Tönen. Sie bastelten an Eigenbau-Instrumenten, an Aufnahmegeräten aus Einfach-Kassettendecks. Die Stilmixturen reichten von „Avant Punk“ über New Wave, elektronische Experimente oder Dub. Die Texte mäanderten wie die Bandnamen zwischen spielerischem Nonsense als Rückzug, chiffrierter Kritik oder einfachem Hohn. Die Kassette, das Magnetband, war das Medium für ein subversives Ignorieren des Systems. Was damals musikalisch entstand, wirkt heute weiter – im „Trashfoodpunk`n`Roll“ von ichfunktion oder im brutalen Deutschmetall von Rammstein.
Ton Steine Scherben Family „Keine Macht für Niemand“ – dieses Lied „der Scherben“ ist Hymne einer ganzen oder doch einer halben Generation nach 1968. „Macht kaputt, was Euch kaputt macht“ – damit wurden Ton Steine Scherben Leitband eines linken, alternativen Politikspektrums, wurden Hunderte Aktionen und Demonstrationen begleitet. Diese Band hat den deutschsprachigen Rock geprägt, den Punk vorweggenommen, der Neuen Deutschen Welle kräftige Impulse eingegeben. Auch als TSS mit ihrem Frontmann Rio Reiser Mitte der 70er immer subtilere Lyrik und Musik mit Jazz- und Folkelementen entwickelten, machten sie weiter ihre Hoffnungen auf Veränderung klar. Eine neue Volksmusik blieb ihr Ziel, die von sozialen Realitäten und Utopien und nicht von scheinheilen Welten singt. Rund 20 Jahre nach der Auflösung der Band und ein Jahrzehnt nach dem Tod Rio Reisers ist die Musikkommune Ton Steine Scherben als Family zurück auf der Bühne. „Jeder Satz, den die Scherben je gesungen haben, ist immer noch wahr“, meinte kürzlich Jan Müller von Tocotronic. Man könne das heute nur nicht mehr so bringen. Die Medienkritiken zu den ersten TSS Family-Auftritten sehen das anders: Von Gänsehaut bereits bei den ersten Klängen ist da die Rede und von Inhalten, die in einer globalisierten Welt aktueller sind denn je.
K.I.Z. Ihr Battlename steht für „Kannibalen in Zivil“, oder auch: „Kriegsverbrecher in Zwangsjacken“, alias: „Künstler im Zuchthaus“. Ihr Album „Rapdeutschlandkettensägenmassaker“, mit dem vielleicht längsten Titel der deutschen Rapgeschichte, hat ebenso Furore gemacht wie ihre Mix-CD „Böhse Enkelz.“ Die Crew aus Kreuzberg bezeichnet sich als „Ghetto-Boygroup“, was ebenso jenseits von Ernst und Ironie liegt wie ihre Texte: „Ich will nur zu Promo-Zwecken demonstrieren gegen Krieg. Ich will Pelzmäntel von aussterbenden Tierrassen, Fans, die ihr Gesicht zu meinem operieren lassen“, rappen diese Kannibalen im Track „Wir werden jetzt Stars“. Sie seien Völker verbindend, meinen €8000, Tarek, Maxim und DJ Craft, schließlich tanzen bei ihren Auftritten selbst Punks den Pogo. Ziel ihrer Texte und ihrer Koch-Shows mit ganzen Tierhälften: „Wir wollen Hartz 5.“
vorher 18 h Wut, Musik und Widerstand: Diskussion mit Mitgliedern von Kommando Stuhlgeist, Ton Steine Scherben Family und K.I.Z. mehr...
ab 19 h Flüstern & Schreien - ein Rockreport / Die Erben der Scherben (Filme) mehr...