Reimagining the Body

Die Ausstellungssektion Reimagining the Body


Einige der beeindruckendsten Beispiele der zeitgenössischen chinesischen Fotografie und Videokunst dokumentieren Performances von Künstlern, die ihren Körper als Vehikel nutzen, um sich auszudrücken oder Kritik an der Gesellschaft zu üben. Andere Werke in dieser Sektion setzen den Körper als einen Zeichenträger ein, eine Oberfläche, oder sie erforschen neue Kommunikationswege und Möglichkeiten, die Außenwelt zu erspüren. Die Performance-Kunst fand ihren stärksten Ausdruck in den 90ern in Beijings East Village, wo Performance-Künstler und Fotografen zusammenarbeiteten, um eine Reihe von bahnbrechenden Projekten zu entwickeln, die vorher so in der chinesischen Kunst nicht zu sehen waren. Charakterisiert durch Masochismus und Geschlechterumwandlung hatten ihre Experimente eine tiefgreifende Wirkung auf die chinesische Körperkunst des darauffolgenden Jahrzehnts. So zeigt Feng Feng in seiner 1999/2000 entstandenen Arbeit ein Bein in überdimensionaler Vergrößerung, das mittels einer Metallvorrichtung stabilisiert wird, die sich direkt in den Knochen bohrt. Den Umkehrschluss vollzieht Zhu Wen, der auf eine Unzahl kleiner Klebezettel aus dem Internet gezogene Bilder von Erotikanbietern druckt.


Die Zitate im folgenden sind dem Katalog entnommen, der zur Ausstellung erschienen ist: Wu Hung, Christopher Phillips, Between Past and Future. New Photography and Video from China, Steidl et al. 2004


Feng Feng über seine Arbeit 'Shin Brace'

Die Beziehung zwischen Stahl und Fleisch ist sehr direkt. Es liegt nichts Zweideutiges darin. Es ist wie die Beziehung zwischen Medizin und Biologie, Wissenschaft und Menschheit, Kultur des Westens und des Ostens, männlichem und weiblichen Geschlecht. Diese Arten von Beziehungen sind gleichermaßen absolut. Die Kraft, die wir hier spüren, übt einen Schock auf unsere Sinne aus, aber diese Art Schock kann auch angenehm sein. Er erlaubt uns, sicher und sogar freudig in einem Zustand zu existieren, der die Seele aufwühlt. Wir vertrauen auf diese Art Verletzung, haben sogar eine perverse Freude daran oder bewundern sie, fast als wäre sie eine Heilmethode oder ein Weg zur Erlösung. Das ist es, was uns wirklich schockiert. Es ist wie wenn ein langes Stück harten Stahls unser Fleisch durchbohrt. Wir sehen die Reaktion des Fleisches, wie es sich rasch um die Stahlnadel zusammenschließt, einen dicken Schorf bildet, wie es sich aus der Haut erhebt, als befände es sich am Rand einer vorhergesehenen Klimax.“


Xu Zhen: 'Rainbow + Actually I am also very blurred'

„Die Versuchung ist mir das Liebste. Sie kommt aus dem Hirn, wandert durch den Körper, und verbleibt im Herzen. Sie ist die Inspiration meiner Arbeit.“ Xu Zhen (Rainbow + Actually I am also very blurred)


Xu Zhen im Gespräch mit Stephanie Smith über sein Werk 'Actually I am also very blurred'

SS: Die Installation besteht aus Bildern von Körperteilen, die auf Post-it-Zettel gedruckt und an den Wänden von Galerien aufgeklebt werden. Wie sollen die Leute mit den Zetteln umgehen?

XS: Manchmal fallen Sie herunter und die Leute heben sie wieder auf.

SS: Ist das Teil Ihrer Intention? Sollen die Leute die Zettel neu arrangieren?

XS: Das ist mir eigentlich egal. Wenn sie herunterfallen, können die Leute sie wieder ankleben. Das ist ok. Die Leute können die Zettel anfassen. Es ist ein ganz natürlicher Impuls, weil einem diese Zettel aus dem Alltag so geläufig sind.

SS: Woher haben Sie die Bilder?

XS: Aus dem Internet. Alle Bilder sind von Sex-Sites, aber sie sind nicht notwendigerweise explizit. Jeder Teil des Körpers kann erotisch sein. Manche Menschen finden zum Beispiel, Arme sind etwas Sexuelles.

SS: Können Sie den Titel erklären?

XS: Weil ich nur Fragmente des Körpers zeige, können die Besucher nicht das ganze Bild sehen. Sie können sich das Ganze nur in ihrer Fantasie vorstellen, und die Fantasie ist nie klar umrissen: Sie ist verwackelt. Vielleicht sind all diese Aufnahmen von einer einzigen Person. Vielleicht auch nicht. Vielleicht sind Tausende von Leuten darauf zu sehen. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Die Besucher können zu ihrer eigenen Interpretation gelangen, ohne sich oder das Werk auf eine Bedeutung festzulegen.

SS: Außerdem sind die Bilder selbst nicht ganz scharf; die Abzüge sind etwas verschwommen.

XS: Das liegt zum Teil daran, dass ich sie zuhause auf meinem Drucker ausdrucke.



Die Künstler der Ausstellung:

Feng Feng, Huang Yan, Li Wei, Liu Wei, Qiu Zhijie, Rong Rong, Wang Gongxin, Wang Wei, Xu Zhen, Zhao Xiaohu.