People and Place

Die Ausstellungssektion People and Place


Experimentelle Künstler haben stets auf die drastischen Veränderungen der Umwelt reagiert: das Verschwinden traditioneller Landschaften und Lebensweisen, die Entstehung von Mega-Cities und neuer urbaner Kulturen, und die extrem große Binnenwanderung. Viele der Arbeiten reflektieren das wachsende Bewusstsein um die Fragilität und radikale Veränderung urbaner Strukturen in China. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich das städtische Leben komplett verändert. Krebsartig wuchernde Hochhaussiedlungen wurden buchstäblich über Nacht aus dem Boden gestampft, während historische Stadtkerne bis auf die Grundmauern zerstört wurden. Zehntausende mussten aus dem Zentrum in die Außenbezirke ziehen. Theoretisch waren Zerstörung und Umsiedlung die Voraussetzung einer dringend nötigen Modernisierung der Städte. Tatsächlich bewirkten diese Umstände eine zunehmende Entfremdung der Bewohner von „ihren“ Städten. Die Arbeiten in dieser Sektion reflektieren die neuen Strukturen von Chinas Metropolenkultur und suchen individuelle Antworten.Kunstwerke, die sich auf die neuen urbanen Räume beziehen, sind eng verbunden mit einem anderen häufigen Thema der chinesischen Gegenwartskunst: der Zunahme der „Generation Stadt“, auf Chinesisch dushi yidai. Was die Künstler einzufangen hoffen, sind Geschmack, Stil und Stimmung der jungen Generation der Stadtbewohner. So sind Bilder entstanden, die zum Teil bewusst oberflächlich, trivial oder zweideutig wirken. Song Dong beispielsweise zerknüllt die Stadt im wahrsten Sinne des Wortes, Yang Fudong stilisiert das Leben im Büro zu einem ästhetischen Gesamtkunstwerk.


Die Zitate im folgenden sind dem Katalog entnommen, der zur Ausstellung erschienen ist: Wu Hung, Christopher Phillips, Between Past and Future. New Photography and Video from China, Steidl et al. 2004


Christopher Phillips über Song Dongs Video 'Crumpling Shanghai'

Die Arbeit hält eine Reihe von Straßenszenen fest, die im heutigen Shanghai aufgenommen und dann auf ein Blatt Papier projiziert wurden, das der Künstler in der Hand hält. Wir sehen ein Gewimmel von Fußgängern, übermächtige Wolkenkratzer, einen freundlichen Verkehrspolizisten, vollgepackte Stadtautobahnen, Ausflugsboote auf dem Pudong-Fluss und die grellen Neonlichter der nächtlichen Skyline. Jedes Bild taucht gerade lang genug auf, um eine spezifische Vorstellung von Realität zu geben. Dann zerknüllt Song plötzlich das Papier und das Bild verschmilzt mit der Dunkelheit. Die unglaubliche Dynamik von Städten wie Shanghai - so scheint uns der Künstler zu sagen - kann dem dort verbrachten Leben eine alarmierende Note von Zerbrechlichkeit und Flüchtigkeit verleihen.“


Yang Fudong (City Light) über urbane Kunst

„Die Kunst ist sicherlich nicht mein Beruf, aber sie ist zu einem integralen Teil meiner Person geworden. Es ist wie Einschlafen und Träumen. Es geschieht, endet, beginnt wieder. Wenn du am Morgen aufwachst, kannst du dich nicht mehr genau an deinen Traum erinnern, aber irgendwo im Hinterkopf weißt du, es war seltsam oder sogar schrecklich. Wenn du es jemand erzählen willst, stellst du fest, dass es nicht geht. Du musst es für Dich behalten. Du lebst in einer großen Stadt, versteckt in Deiner Ecke, es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass dich mehr als ein paar Leute kennen. Und doch bist du Teil der Stadt. Du und die anderen, ihr macht die Stadt aus. Die Stimmung der Stadt hängt von all den Leuten ab, die alle in ihren eigenen Träumen leben.“


Die Künstler der Ausstellung:

Ai Weiwei, Bai Yiluo, Chen Lingyang, Chen Shaoxiong, Cui Xiuwen, Hong Hao, Sze Tsung Leong, Liu Zheng, Rong Rong, Song Dong, Xiong Wenyun, Yang Fudong, Yang Yong, Zhang Dali, Zheng Guogu, Zhuang Hui.