History and Memory

Die Ausstellungssektion History and Memory


Die Werke in dieser Sektion untersuchen auf je eigene Weise das Vermächtnis der Vergangenheit Chinas. Manche greifen Themen aus dem reichhaltigen Erbe chinesischer Kunst auf, während andere berühmte historische Stätten neu interpretieren. Gerade die Chinesische Mauer und die Verbotene Stadt haben viele experimentelle Künstler zu Arbeiten angespornt, die einen provokanten visuellen Dialog mit diesen Monumenten eingehen, die historischen Visionen der Künstler und ihre ästhetischen Ansprüche reflektieren. Wieder andere Werke lassen das Leben einfacher Chinesen auferstehen, indem sie Sammlungen privater Fotografien und Memorabilia präsentieren, die zum Teil mehrere Jahrzehnte umspannen.Die Beständigkeit der Vergangenheit manifestiert sich auch in historischen Ereignissen, die noch immer im kollektiven Gedächtnis gespeichert sind und den Antrieb für viele Werke darstellen. Künstler wie Sheng Qi und Xing Danwen verbinden die Gegenwart mit der Vergangenheit, indem sie Episoden wachrufen, die private Erinnerungen mit der nationalen Psyche verknüpfen. Auch die Kulturrevolution (1966-1976), eine Zeit traumatischer politischer Umstürze, die eine Reihe der Künstler in ihrer Kindheit selbst miterlebten, nimmt einen prominenten Platz in einigen Werken dieser Sektion ein. Und viele Kunstprojekte der 1990er entstammen direkt den Erinnerungen der Künstler an die Studentendemonstrationen auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Juni 1989.


Die Zitate im folgenden sind dem Katalog entnommen, der zur Ausstellung erschienen ist: Wu Hung, Christopher Phillips, Between Past and Future. New Photography and Video from China, Steidl et al. 2004


Sheng Qi über sein Werk 'Memories (Me)'

„Die Aufnahme meiner linken Hand erfasst mich, von 1965 bis heute.Die unvollständige linke Hand + alte Fotos ... das bin ich.Das ist die Sammlung meiner Erinnerungen, all der Bilder meines Lebens.Die unvollständige linke Hand + alte Fotos ... das bin ich.“


Der Kurator Wu Hung über Sheng Qis Serie 'Memories'

„Sheng Qis Interesse gilt der Historizität und Verletzlichkeit gedruckter Bilder - und daher der Existenz einerseits und Kurzlebigkeit andererseits der Geschichte und der Erinnerung, die sie bewahren. Seine Serie zeigt eine verstümmelte Hand, die kleine Fotografien von Mao, von seiner Mutter und von ihm selbst hält. Während sein versehrter Körper (er hat sich 1989 einen Finger abgeschnitten) an die „Bewegung des 4. Juni“ erinnert*, sind die Schwarzweiß-Fotos Überbleibsel einer weiter zurückliegenden Vergangenheit, die Assoziationen an die Kindheit wecken... Indem Sheng Qi private Erinnerungen wachruft, verbindet er die Gegenwart mit der Vergangenheit.“


*Am 4. Juni 1989 wurde die studentische Besetzung des Platzes des Himmlischen Friedens und damit die damalige Demokratiebewegung durch ein Blutbad beendet.


Xing Danwen über 'Born With the Cultural Revolution'

Die Wohnung meiner Bekannten war voller Mao-Bilder. Für unsere Generation war er wie ein Großvater, eine Ikone, die uns mit Respekt und Liebe erfüllte. Als ich das Foto machte, 1995, konnte man in China plötzlich über viele Dinge reden und wir waren ziemlich durcheinander. Meine Bekannte hatte widersprüchliche Gefühle darüber, wie sie lebte, über ihre Hoffnungen, ihre Zukunft. Die Bilder hinter ihr stammen ja aus der Zeit der Kulturrevolution und deuten darauf hin, dass das die prägende Zeit für sie war; schließlich ist sie Jahrgang 1966 ... Unter Mao gab es keine Trennung zwischen der Privatwelt des Einzelnen, der Familie und dem öffentlich-politischen Bereich. Vor diesem Hintergrund wird der Körper der Frau auf dem Foto zu einer Art Landschaft im Kontext politischer Bilder.“



Die Künstler der Ausstellung:

Cang Xin, Gao Qian + Gao Zhen, Hai Bo, Hong Lei, Hong Lei, Liu Zheng, Fen-Ma Liuming, Sheng Qi, Song Dong, Sui Jianguo + Zhan Wang + Yu Fan (Three Man United Studio), Wang Gongxin, Wang Qingsong, Weng Fen, Xing Danwen, Yang Zhenzhong, Zhao Shaoruo.